Weichenstellungen Dezember 2008: Daimler-Chef Dieter Zetsche und RWE-Chef Jürgen Großmann stellten gemeinsam in Berlin ein Pilotprojekt zum Elektroauto vor. Daimler stellt die Autos zur Verfügung. RWE liefert die Ladestationen.Daimler will mit der Evonik-Tochter Li-Tec Lithium-Ionen-Akkus in Kamenz fertigen. „Dass Daimler nicht beim großen Stuttgarter Nachbarn Bosch vorstellig wurde, der ebenfalls an Elektrobatterien für viele Hersteller forscht, spricht dafür, dass sich Daimler diese Antriebtechnik nicht aus der Hand nehmen lassen will. Aber alles hat seine Zeit: Vor 2012 werden keine Elektroversionen des Smart sowie der kleinen Mercedes-Modelle A- und B-Klasse zu haben sein – und solche von mehr als 150 Kilometer Reichweite sind reine Zukunftsmusik.“ [1; Hervorhebung WZ]
Evonik-Werbung. Evonik warb 2009 und 2010 für seine Lithium-Ionen-Batterien. „Wer befreit jetzt eigentlich den Tiger aus dem Tank? Wir machen so was.“ [Evonik Industries-Anzeige in SZ 26.10.2009] – „Wer sorgt eigentlich dafür, dass Elektroautos so schnell beschleunigen? Wir machen so was.“ [Evonik-Industries-Anzeige in SZ 15.4.2010]
Evonik-Chef Klaus Engel 2010 zur Tochter Li-Tec, Kamenz: „Unsere Tochter Evonik Litarion fertigt Anode, Kathode und Separator. Aus diesen Komponenten entwickelt und produziert die Li-Tec-Battery dann Batteriezellen. Das Unternehmen ist ein Joint Venture, wobei Evonik 50,1 Prozent und Daimler 49,9 Prozent hält. Zusammengefügt werden die Zellen schließlich zu Batterien von der Deutsche Accumotive. Wieder ein Gemeinschaftsunternehmen mit Daimler, wobei der Partner 90 Prozent der Anteile hält. (…) Produziert werden bei Li-Tec derzeit 300.000 Zellen pro Jahr. Ab 2013 soll die Kapazität auf 3 Millionen Stück hochgefahren werden. (…) Evonik hat das klare Ziel, Nummer 1 in Europa bei der Fertigung von Lithium-Ionen-Batteriezellen zu sein.“ [2]
Li-Tec 2010: Die Evonik Litarion GmbH, Kamenz, stellt die Akku-Komponenten (Anode, Kathode und Separator) her. Henrik Hahn ist Geschäftsführer der Evonik Litarion GmbH: „Die dabei verwendeten Hochleistungsmaterialien wie Lithiumverbindungen, Metalloxide und Grafit seien es, welche die Batterien so teuer machten, erklärt der Verfahrenstechniker, ‚hier findet der größte Teil der Wertschöpfung statt‘. (…) Noch läuft die Pilotphase, aber ‚im Laufe des kommenden Jahres startet die Serienproduktion‘, verspricht der Evonik-Manager. (…) Der Akku eines Laptops ist meist auf drei Jahre ausgelegt. ‚Unsere Batterie muss ein Autoleben lang, also mindestens zehn Jahre lang durchhalten‘, erklärt Hahn. Folglich kann man die Zellen auch viel öfter be- und entladen, bevor sie schlappmachen. Auch die ewig langen Ladezeiten wollen die Evonik-Ingenieure verkürzen. ‚Unsere Zellen lassen sich vergleichsweise zügig aufladen.‘ Das könnten bei entsprechender Stromstärke sensationelle 20 Minuten sein, vermutet ein Kenner, und solche Batterien könnten dann auch in den kommenden Plug-in-Hybrid-Motoren eingesetzt werden“ [3]
Die sensationellen 20 Minuten sollten dann auch im Jahr 2018 für diverse Langstrecken-Elektroautos von Bedeutung werden – mit 350 kW Ladeleistung!
Der Separator als Geschäftsmodell. „Bereits Ende der neunziger Jahre wurde bei der damaligen Degussa mit deren Entwicklung begonnen, 2003 wurde klar, dass sich die Membran besonders als Separator für Akkuzellen eignet. So wurde beschlossen, ins Batteriematerialiengeschäft einzusteigen. Seit 2007 führt der Evonik-Konzern die Entwicklung weiter, ein Jahr später kam Daimler als Partner im Batteriegeschäft mit an Bord. Sobald die Serienproduktion beginnt, sollen zwischen 10.000 und 20.000 E-Autos mit den Akkus aus Kamenz bestückt werden.“ [3]
Zur Degussa-Historie: „Die Evonik Degussa GmbH (bis Ende 2006 Degussa AG) ist ein in der Spezialchemie tätiger Konzern mit Sitz in Essen und seit 2006 Teilkonzern der ebenfalls in Essen ansässigen Evonik Industries AG. Vorgängergesellschaften waren die Degussa-Hüls AG und SKW Trostberg AG. Zwischen der Evonik Industries AG und der Gesellschaft besteht seit dem 1. August 2011 ein Betriebsführungsvertrag. Durch den Verkauf der anderen Sparten des Mutterkonzerns in den Folgejahren ist dieser heute auf das frühere Degussa-Geschäft fokussiert. Die Degussa war ein Frankfurter Traditionsunternehmen und vor allem bekannt als Goldscheideanstalt. Der Name des Konzerns Degussa war ursprünglich ein Kurzwort (und „Drahtadresse“) für „Deutsche Gold- und Silberscheideanstalt“ (bald auch „Deutsche Gold- und Silber-Scheide-Anstalt“). (Wikipedia)
2015 war Schluss: „Li-Tec Battery entwickelte, produzierte und vertrieb unter dem Markennamen CERIO großformatige Lithium-Ionen-Batteriezellen für automobile Anwendungen und Batteriesysteme für industrielle und stationäre Anwendungen. Aus wirtschaftlichen Gründen wurde jedoch die Produktion im Dezember 2015 eingestellt.“ (Wikipedia, Li-Tec-Batterie)
[1] Deckstein, Dagmar, Zetsches neue E-Klasse, in SZ 16.12.2008
[2] Bein, Hans-Willy, Fromm, Thomas, „“Wir sehen ja, was Chinesen und Amerikaner ausgeben“, in SZ 8.5.2010
[3] Lamparter, Dietmar H., Volle Ladung, in Die Zeit 29.7.2010