Norwegen kritisiert Entwicklung. (vgl. auch August 2013). In Norwegen gab es im August 2014 einen neuen Elektroautorekord: 15 Prozent aller Pkw-Neuzulassungen bverfügten über einen Elektroantrieb; der e-Golf lag auf Platz 2 der Zulassungsstatistik. „Im Jahresschnitt liegt der Anteil der E-Autos 2014 deutlich über 10 Prozent, und über 10 Prozent liegt auch der Anteil Norwegens als Importland für alle weltweit produzierten Elektroautos.“1
Der Volkswirtschaftsprofessor Anders Skonhoft hält die norwegische Subventionspolitik für Elektroautos allerdings für „blanken Wahnsinn“: „Unter Zugrundelegung des norwegischen Modells und ausgehend von einer 10-jährigen Lebensdauer des Fahrzeugs werde der Käufer eines Elektroautos in Form reduzierter Steuern und Abgaben mit jährlich rund 6.200 Euro subventioniert. Ein durchschnittliches E-Auto reduziere die Kohlendioxidbelastung pro Jahr aber gerade mal um 0,6 Tonnen. Eine Tonne weniger CO2-Ausstoß koste also fast 10.000 Euro.“1]
Die CO2-Belastung der Atmosphäre könnte mit diesen Summen deutlich effektiver vermindert werden. Außerdem bezeichnete Skonhoft die Elektro-Zulassungsbilanz als Augenwischerei, da 93 Prozent der KäuferInnen von Elektroautos einen benzin- oder dieselbetriebenen Zweit-Pkw für längere Touren in der Garage. „Die meisten wollten sich nur ‚ein gutes Klimagewissen kaufen‘, wobei das Elektroauto in der Praxis ein Zweitfahrzeug sei, das vor allem in städtischen Regionen und auf Fahrstrecken zum Einsatz komme, die die Nutzer ansonsten mit dem Fahrrad oder dem öffentlichen Nahverkehr zurücklegen würden oder könnten. Damit würden die Elektroautos, die die Sonderfahrspuren für Busse benutzen dürfen, sich auch noch negativ auf den öffentlichen Verkehr auswirken. Denn sie behindern die Busse auf den Busspuren.“1]
Professor für Verkehrsplanung kritisiert Elektroauto. Oliver Schwedes lehrt Integrierte Verkehrsplanung an der TU Berlin und zeigt sich skeptisch, ob das Elektroauto die Rolle als Hoffnungsträger überhaupt erfüllen kann. „Die Energiebilanz von E-Autos ist unterm Strich nicht besser als die von Verbrennern, unter anderem auch, weil sie Seltene Erden benötigen, um die Batterien zu produzieren. Und leiser sind E-Autos auch nur bis zu einer Geschwindigkeit von 30 Stundenkilometern. Dann überwiegen die Abrollgeräusche. Daher wäre es sinnvoll, Tempo 30 in der Stadt als Regelgeschwindigkeit einzuführen. Das bringt mehr Lärmschutz als jedes E-Auto.“2
Auch wenn alle Privatwagen künftig Elektroautos wären, brauchen sie Park-Platz und Verkehrsfläche zum Fahren und Parken. Auch im elektrischen Carsharing sieht Schwedes keine wirkliche Lösung: „„Diese Angebote sind Bequemlichkeitsmobilität: Da wird ein Auto angeboten für eine Spritztour, die ich vielleicht ohne dieses Angebot nie gemacht hätte. Oder aber man nutzt das Auto als Ersatz für die Fahrt mit Bus und Bahn. Neue Studien zeigen, dass dies passiert – und die Automobilunternehmen daraus ein Geschäftsmodell entwickeln.“2
Stecker-Philosophie. Da es für die derzeit weniger als 20.000 Elektroautos immer noch schlecht bei der Ladeinfrastruktur aussieht, investiert die Bundesregierung in Schnellladesysteme – und damit nicht im Massen-, sondern im Premiumsegment: „Ein Beispiel dafür ist der Plan, 400 neue Schnellladestellen in Deutschland zu errichten. Neun Millionen Euro steckt die Regierung in das Vorhaben, das geschickt auf die Belange von Daimler, BMW und Co. zugeschnitten ist. Denn die E-Zapfsäulen verfügen über das Steckersystem der deutschen Autohersteller, nicht über jenes, das Mitsubishi und Nissan entwickelt haben.“3
Der 30-Kilometer-Vorteil. Wer an die Elektroautos der achtziger Jahre denkt, an Twike & Co, erinnert sich an spartanische, leichte (und gegen schwere Pkws gefährdete) Fahrzeuge. „Mit diesem Klischee räumt der Mercedes S500 Plug-in-Hybrid gründlich auf: Zu seiner Sechs-Zylinder-Maschine mit 333 PS gesellt sich ein Elektromotor mit weiteren 115 PS. In 5,2 Sekunden beschleunigt die zwei Tonnen schwere Luxuslimousine auf 100 Stundenkilometer, der Wagen habe ‚faszinierende Parallelen zu unserem erfolgreichen Formel-1-Rennwagen‘, preist Daimler-Vorstand Thomas Weber.“2
Der S500 Pluig-in-Hybrid kann – immerhin – 33 Kilometer rein elektrisch fahren. Damit könnte er – zumindest in Städten, die dies erlauben -, Busspuren benützen, da er als Elektroauto gewertet wird. Das hängt mit Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt zusammen: „Denn während des Gesetzgebungsprozesses haben die deutschen Pkw-Konzerne kleine, aber wichtige Änderungen an der entscheidenden Frage der Regelung durchgesetzt: Welche Autos sollen die im Elektromotor miteingebaute Vorfahrt bekommen? Zunächst sollten nur Wagen mit einem reinen Elektroantrieb das Busspur-Privileg erhalten. Doch dann drängte die deutsche Autoindustrie Minister Dobrindt noch eine weitere Klasse von Fahrzeugen auf: den Plug-in-Hybrid. Diese Pkw haben sowohl konventionelle Antriebsgeneratoren als auch Elektromotoren. Schafft das Fahrzeug 30 Kilometer im Strombetrieb, so sieht es der Entwurf vor, gibt es das Anti-Stau-Privileg. Die Folge: Künftig darf auch der Porsche Panamera S E-Hybrid auf die Busspur.“4
Jürgen Resch von der DUH kommentierte dies so: „Damit wird denen Supermobilität verschafft, die es sich leisten können. (…) Nicht kleinen, effizienten Elektroautos werde das Gesetz zum Durchbruch verhelfen, sondern luxuriösen PS-Monstern. Den Herstellern unterstellt Resch, die Fahrleistung des Elektromotors extra so getestet zu haben, dass sie über die magischen 30 Kilometer kommt. ‚Wie die das berechnet haben, ist technisch absolut nicht nachzuvollziehen‘, so Resch. Verräterisch jedenfalls sind die Bandbreiten, die von den Firmen angegeben werden. Beim Panamera ist bei entsprechender Fahrweise bei 18 Kilometern der Saft aus.“4
Porsche überholt Lupo – auf der Busspur. Nach dem Entwurf aus Dobrindts Bundesverkehrsministerium sollen nicht nur reine Elektroautos auf den Busspuren fahren dürfen, sondern auch Plug-in-Hybride, sofern sie derzeit 30 Kilometer und ab 2018 40 Kilometer elektrisch schaffen (siehe oben). „Das bedeutet, dass künftig etwa auch ein Porsche Panamera S E-Hybrid mit 416 PS auf die Busspur darf – selbst wenn er in dem Moment gar nicht elektrisch fährt.“5 Gemäß SPD-Fraktionsvize Sören Bartol sei es „dem Lupo-Fahrer nicht zu erklären, wenn an ihm auf der Busspur der Porsche mit kleinem Zusatz-Elektromotor vorbeirausche.“6
Dazu Dietmar H. Lamparter in DIE ZEIT: „Die Fahrerin des sparsamen Kleinwagens wundert sich. Während sie sich morgens Meter für Meter in die Innenstadt quält, fahren nacheinander ein großer Porsche Panamera, eine luxuriöse Mercedes S-Klasse und ein stylischer BMW an ihr vorbei. Die Szene ist nicht aus der Luft gegriffen. Geht es nach dem gerade im Bundeskabinett verabschiedeten Gesetzentwurf, dann könnte sie im Frühjahr Realität auf deutschen Straßen sein. Denn dann sollen Städte Sonderspuren, die bislang Bussen, Taxis und Krankentransporten vorbehalten sind, für Elektroautos freigeben dürfen. Dabei ist es gleich, ob diese komplett mit Strom fahren oder nur kürzere Strecken – mindestens 30 Kilometer – rein elektrisch zurücklegen können.“1
Vor allem Plug-in-Hybride profitieren: Bei leerer Batterie fährt er mit Kraftstoff weiter. Wohl auch aus der „Reichweitenangst“ steigt die Zahl der Plug-in-Hybride. Im August 2014 wurden 515 reine Elektroautos zuugelassen, aber 620 Plug-ins. „Von außen ist freilich nicht sichtbar, ob der Fahrer eines Plug-in-Fahrzeugs auf der Busspur gerade elektrisch, mit Verbrenner oder kombiniert fährt. Wer will das kontrollieren? Im Benzinbetrieb aber brauchen die Plug-ins, die schon aufgrund der höheren Baukosten des Doppelantriebs meist in höherklassigen Fahrzeugen verbaut sind, deutlich mehr Sprit als sparsame Kleinwagen mit konventionellem Antrieb. Deshalb sind viele Umweltschützer gegen das geplante gesetzliche Privileg.“1
Neues von der Busspur oder Dobrindts Zuckerl. „Kostenfreies Parken, spezielle Zufahrtsrechte, Busspuren für Elektroautos, Kennzeichen mit ‚E‘ – alles soll helfen, die Wunschzahl von einer Million Elektroautos im Jahr 2020 doch noch zu erreichen. Im September 2014 waren es 124.000 Elektro- und Hybridfahrzeuge.“6
Probleme beim E-Carsharing. Das Pilotprojekt „Shared E-Fleet“ will das Carsharing-Modell auf Elektroautos übertragen. Es begann in Stuttgart und startet nun auch in München-Moosach. Münchner Unternehmer können dort ihre Dienstwagen parken und eines der drei verfügbaren Elektroautos ausleihen. Inzwischen wollen sich schon acht Unternehmen mit 20 Nutzern beteiligen. „Zielklientel sind die Unternehmen des Gewerbehofes des Münchner Technologiezentrums. Die Unternehmer können sich bei dem Pilotprojekt anmelden und ihre Mitarbeiter registrieren lassen. (…) Das Buchungssystem bereitet den Programmierern zurzeit noch Kopfzerbrechen. Im Gegensatz zu geläufigen Carsharing-Systemen, die freie Autos nach Bedarf an Nutzer verteilen, muss das Programm auch Ladekapazität der Batterien und begrenzte Reichweite der E-Autos berücksichtigen.“7
Probleme bereitet die zum Abstellen der Elektroautos nötige Buchungs-App, dazu funktioniert diese bei leerem Smartphone-Akku nicht mehr. „Ein weiteres Problem, das an den ersten Tagen auftrat: Bei der Konzeption wurde vergessen, dass der Handyempfang im Keller des Parkhauses am Gewerbehof nur begrenzt möglich ist. Hier stehen aber die Ladestationen der E-Autos, und zum Starten des Fahrzeuges benötigt die App Internetzugang. Um dieses Problem zu lösen, wurde im Parkhaus ein Wlan eingerichtet.“7
- Wolff, Reinhard, Zweitwagen für Busmuffel, in taz.de 9.9.2014 [↩] [↩] [↩] [↩] [↩]
- Völklein, Marco, Falsche Hoffnungsträger, in SZ 11.9.2014 [↩] [↩] [↩]
- Traufetter, Gerald, Eingebaute Vorfahrt, in Der Spiegel 38/15.9.2014 [↩]
- Traufetter, Gerald, Eingebaute Vorfahrt, in Der Spiegel 38/15.9.2014; Hervorhebung WZ [↩] [↩]
- Kuhr, Daniela, Überholen auf der Busspur, in SZ 24.9.2014; Hervorhebung WZ [↩]
- Kuhr, Daniela, Überholen auf der Busspur, in SZ 24.9.2014 [↩] [↩]
- Trau, Fabian, Leere Akkus und andere Tücken, in SZ 24.9.2014 [↩] [↩]