Elektroautos nach wie vor Ladenhüter (1). „Im vergangenen Jahr kamen in Deutschland 11.410 reine Elektroautos neu auf die Straßen, knapp tausend weniger als im Vorjahr. Die Zahl der neuen Hybridautos mit kombiniertem Verbrennungs- und Elektromotor stieg von rund 33.600 auf 48.000. Elektroautos sind in Deutschland nach wie vor Ladenhüter. Bis zum 1. Januar 2017 wurden nach Angaben des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle lediglich 9023 Anträge auf eine Prämie gestellt. Davon waren rund 5100 Anträge für reine Elektroautos und knapp 3900 für Plug-in-Hybride.“1
Elektroautos nach wie vor Ladenhüter (2). Seit einem halben Jahr ist die Kaufprämie in Kraft: 4000 Euro pro Elektroauto, 3000 Euro pro Plug-in-Hybrid. 1,2 Milliarden Euro stehen zur Verfügung – für etwa 300.000 Kaufprämien. Bis jetzt wurde die Kaufprämie aber nur rund 9000 Mal beantragt. „Wer also glaubte, dass man in kürzester Zeit eine Menge E-Autos auf die Straße bringt, indem man deren Anschaffung nach dem Gießkannenprinzip subventioniert, muss nun neu denken. Am Geld allein kann es nicht liegen.“2
„3E-Mehrfamilienhaus“. In Hamburg-Wilhelmsburg hat sich eine Baugemeinschaft gebildet, die ein Blockheizkraftwerk (BHKW) und einen Speicher-Akku im Keller betreibt und über zwei Elektroautos für die zehn Haushalte verfügt. Das BHKW kommt vom Hamburger Stromversorger Lichtblick, das die Hausbewohner auch auf ein Forschungsvorhabe des Bundesbauministeriums aufmerksam machte. So wurde das Haus in Wilhelmsburg zum „3E-Mehrfamilienhaus“. „Die drei ‚E‘ stehen für ‚Eigenerzeugung‘, ‚Eigenverbrauch‘ und ‚Elektromobilität‘. Das Haus versorgt sich zum großen Teil selbst mit Energie. Wird gerade mehr Strom produziert als von den Bewohnern verbraucht, werden die Lithiumbatterie und die zwei E-Autos aufgeladen. Sind die Speicher voll, geht der Strom ins öffentliche Netz. Umgekehrt beziehen die Bewohner ihren Strom aus dem Netz, wenn der Eigenverbrauch mal die Eigenproduktion übersteigt. Die Elektroautos sind Bestandteil des Konzepts und leisten nach Darstellung von Lichtblick als flexible Speicher einen ‚wichtigen Beitrag zur Energiewende und zur Stabilität der Netze‘.“3
Neubauten und Elektroautos. Hamburg plant bei Neubauten die Elektromobilität mit ein. Das künftige Pergolenviertel in Winterhude umfasst 1400 Wohnungen: Die dem stadtstaat gehörenden Flächen werden über eine „Konzeptausschreibung“ verkauft, wobei nicht das höchste Angebot den Zuschlag erhält, sondern das beste Konzept. „Wer Ladestationen und gemeinsame E-Autos vorsieht, bekommt Pluspunkte. Die Hälfte der Baufelder konnte auf diese Weise bereits verkauft werden, Ende 2017 soll der Bau beginnen.“3
Existenzängste. Trotzdem in der deutschen Autoindustrie die Elektromobilität gepriesen wird, ist die Verunsicherung groß, auch bezüglich wegfallender Arbeitsplätze. „Elektrofahrzeug braucht keine Ventile, Kolben, Luftfilter und Drosselklappen, keine Einspritzanlagen, Lichtmaschinen, Ölfilter und Anlasser, keine Turbolader, Kraftstoffpumpen, Katalysatoren und Auspuffanlagen, keinen Tank und vieles andere auch nicht. (…) Insgesamt sind nach Schätzung der IG Metall von den 250.000 Arbeitsplätzen, die in Deutschland vom Verbrennungsmotor abhängen, 65.000 gefährdet.“4
Autos ohne Ende. Die traditionelle Autoindustrie wird nicht nur durch das Thema Elektromobilität verunsichert. Junge Generationen sehen weltweit nicht mehr den Besitz eines eigenen Fahrzeugs als dringende Notwendigkeit an. (Vermutlich weil sie sich diesen auch nicht mehr leisten können.) „In China, Asien, Lateinamerika, Afrika und Osteuropa wünschen sich viele Menschen nichts mehr als ein eigenes Auto. McKinsey schätzt, dass 2025 rund 125 Millionen verkauft werden. Das entspricht einer Steigerung von mehr als 50 Prozent. Die Autoindustrie bleibt eine Wachstumsbranche.“4
Silicon Valley steigt aus. Nach der konventionellen Autoindustrie gerät nun auch das Silicon Valley selbst in Schwierigkeiten. „Zu den Verlierern können aber auch Google, Apple oder Tesla zählen. Google und Apple haben die Idee bereits aufgegeben, selbst ein Auto zu produzieren. Sie setzen auf die Zusammenarbeit mit den traditionellen Herstellern. Und der Elektroauto-Pionier Tesla kann schnell ins Schleudern kommen, wenn sich dessen Milliardeninvestment in eine eigene Batteriefabrik nicht rechnet. Der Silicon-Valley-Konzern, der noch in keinem Geschäftsjahr einen Gewinn erwirtschaftet hat, ist vor einer Übernahme oder dem Untergang nicht sicher.“4
Tesla und Trump. Tesla hat mit der Begründung von angeblichen „technischen Mängeln“ einen Auftrag über 100 Millionen Euro bei seinem deutschen Zulieferer SHW überraschend storniert: Bei einem Jahresumsatz von etwa 400 Millionen Euro entfällt damit ein Viertel. Die Angabe von „technischen Mängeln“ durch Tesla wird stark angezweifelt. „… „ doch so mancher Branchen-Kenner vermutet einen ganz anderen Hintergrund: den ‚Trump-Effekt‚. Demzufolge habe Tesla-Chef Elon Musk den Auftrag storniert, um beim neuen US-Präsidenten Trump Punkte zu sammeln, indem er die Achsgetriebe-Pumpen bei einem US-Unternehmen in Auftrag gibt. (…) Tatsache ist: Am Montag traf sich Elon Musk mit Trump, und am Dienstag ging bei SHW die Kündigung ein. Trump hatte zuvor mehrmals Autoherstellern Strafzölle angedroht, falls sie nicht in den USA produzieren.“5
Elektrische Modellpalette 2017: VW, Audi, Porsche: VW startet seine Elektroauto-Initiative. im Jahr 2018 will Audi im Rahmen seiner BEV-Offensive („battery electric vehicle“) den Elektro-SUV e-tron bringen, Das viertürige Coupé Mission E von Porsche soll 2019 und der VW I.D. 2020 kommen. Audi liefert den e-tron mit einem Grundpreis von 60.000 Euro in drei Versionen (Eco, Efficiency und Performance) mit Leistungen zwischen 70, 95 und 320 kW. „Während Audi den e-tron an 400-Volt-Ladesäulen andocken möchte, träumen die Weissacher Elektriker von einem 800-Volt-Netz, besser als die Tesla-Supercharger. Klar, dass sich die Markenbotschaft des Mission E auch in den Fahrleistungen ausdrückt: Von 0 auf 100 Kilometer pro Stunde schafft er es in 3,5 Sekunden, die maximale Höchstgeschwindigkeit gibt Porsche mit 250 Kilometer pro Stunde an, die Reichweite soll bis zu 500 Kilometer betragen. Weil der bis zu 600 PS und 1000 Newtonmeter starke Elektroflitzer als Grundmodell weniger kosten soll als ein Elfer, kalkuliert Porsche mit bis 25.000 Einheiten pro Jahr. Audi will vom e-tron im Werk Brüssel 60.000 Stück jährlich fertigen.“6
- Umweltministerin bringt Quote für Elektroautos ins Gespräch, in spiegel.de 8.1.2017 [↩]
- Fromm, Thomas, Hägler, Max, Die E-Qual, in SZ 9.1.2017 [↩]
- Müller, Rainer, Stadt in Bewegung, in SZ 13.1.2017 [↩] [↩]
- Hage, Simon, Hawranek, Dietmar, Der Elektro-Schock, in Der Spiegel 4/21.1.2017 [↩] [↩] [↩]
- DPA, Tesla kündigt Großauftrag, in SZ 28.1.2017 [↩]
- Kacher, Georg, Allerbeste Feinde, in SZ 28.1.2017 [↩]