Test Mini EL. Der SZ-Journalist Christopher Schrader bekam für vier Wochen ein Exemplar des wertvollen BMW Mini EL. 860 Kilometer mit 250 kWh Strom im Münchner Stadtverkehr:1 Das macht rund 29 kWh auf 100 Kilometer. Nach UBA-Angaben entstanden bei einer kWh im Jahr 2009 rund 600 g CO2: Damit liegt der Mini EL bei einem Kilometer bei 174 g CO2. Bzw. noch mehr an kalten Tagen: „Von Volltanken zu Volltanken gerechnet verbrauchte der Mini an kalten Tagen Mitte Oktober 34 Kilowattstunden pro 100 Kilometer.“2 – „Im Spätsommer Ende September hingegen kam das Auto mit 22 Kilowattstunden pro 100 Kilometer aus. Die Differenz macht die Heizung. Beim Verbrennungsmotor bekommt man Wärme geschenkt, das Elektroauto muss sie aus der Batterie erzeugen. Dafür verbraucht der Mini-E fast so viel Energie wie für die Fahrt im gleichmäßigen Stadttempo. (…) Beide ermittelten Zahlen, 22 und 34, liegen weit über den Angaben von BMW. Womöglich hätte ich den Verbrauch mit Ehrgeiz und Erfahrung noch drücken können, aber die offiziellen 15 Kilowattstunden pro 100 Kilometer erscheinen im Alltag unerreichbar.“2
Damit kann jeder fossil betriebene Mini locker mithalten. Aber dafür ist es ein „Auto der Zukunft“ – oder doch eher nicht?
Und die Reichweite? „Die Reichweite ist überdies kein fixer Wert. BMW gibt eine Strecke von 250 Kilometer pro Batterieladung an, die der Elektro-Mini aber höchstens auf dem Prüfstand erreicht. Amerikanische Fahrer kämen im Mittel auf 160 Kilometer, heißt es auf Nachfrage. Das habe ich mit dem Mini-E kaum jemals geschafft. Nach 105 Kilometer bei Sonnenschein um den Starnberger See stand die Batterieanzeige auf 37 Prozent, das ergibt eine Reichweite von 167 Kilometer. Aber an kalten Herbstmorgen sank der Füllstand so schnell, dass der Wagen kaum 100 Kilometer geschafft hätte.“2
Dafür hat der Mini wegen der 5000 Lithium-Ionen-Akkus nur einen Mini-Kofferraum, nur zwei Sitze – und wiegt 330 Kilo mehr als der konventionelle Mini.
Elektrische „Modellregion“ München. Der Bund stellt 115 Millionen Euro für die acht Modellregionen zur Verfügung. München hofft auf 15 bis 20 Millionen Euro und möchte u. a. Elektro-Lieferwagen fördern. Fachleute wie Thomas Henschel vom Landesamt für Umwelt warnen beim Elektroauto vor zu großer Euphorie. Außerdem hängt die CO2-Bilanz vom deutschen Strommix ab. „Denn der Strom ist nur so grün wie der deutsche Kraftwerkspark. Und der wird bekanntlich zu einem recht kleinen Anteil aus regenerativen Quellen betrieben. Lorenz zufolge haben manche Elektroautos, etwa die derzeit durch München fahrenden Minis aus dem Pilotversuch von Eon und BMW, sogar eine schlechtere CO2-Bilanz als ein moderner Verbrennungsmotor. Das liegt nicht zuletzt am enormen Gewicht der Batterien und an der Tatsache, dass im Winter eine stromfressende Zusatzheizung laufen muss.“3
Audi R8 e-tron: Man gönnt sich ja sonst nichts. Das elektrische Schwestermodell des Sportwagens Audi R 8 wiegt 1600 kg, beschleunigt von Null auf 100 km/h in 4,8 Sekunden und hat eine Vmax von 200 km/h, allerdings nicht lange, „weil die Fahrwiderstände bei Vollgas die Reichweite des eiligen Stromers schmelzen lassen wie Eis in der Sonne. (…) Der nutzbare Energieinhalt des Akkupakets beträgt 42,4 Kilowattstunden. (…) Die vier radnahen Elektromotoren mobilisieren in Summe 313 PS.“4
Und wieder einmal: Staat soll fördern. DieElektromobilität sollte vom Staat mehr gefördert werden, meinen Experten wie Ulrich Buller, Forschungsplanungsvorstand der Fraunhofer-Gesellschaft: „Wir müssen eine Lücke schließen, um im internationalen Wettbewerb standzuhalten.“5 – 34 Institute der Fraunhofer-Gesellschaft forschen derzeit im Projekt „Systemforschung Elektromobilität“.5
„Strahlender“ Sieger Carlos Ghosn. „Auf den Automessen der vergangenen Monate gerierte sich Carlos Ghosn als strahlender Sieger. (…) Der Grund für Ghosns Optimismus: Während die anderen noch über das Elektroauto debattieren, hat Ghosn die französisch-japanische Allianz geschickt an die Spitze der Bewegung manövriert. Für Renault präsentierte er auf der IAA im Herbst gleich vier Elektroautos – und von denen sind bereits die ersten 100.000 Fahrzeuge an das Better-Place-Projekt des Elektroauto-Aktivisten Shai Agassi verkauft. Die Wagen sollen in Israel und Dänemark zum Einsatz kommen. (…) Das Vorpreschen in Sachen Elektromobilität hat sich Renault-Nissan viel kosten lassen. ‚Wir haben in den letzten Jahren über vier Milliarden Euro in das Elektroprojekt investiert‘, sagte Ghosn spiegelonline. (…) Der Klimaschutz ist natürlich auch ein Thema. ‚Dabei spielt es gar keine Rolle, ob das Auto tatsächlich für die Erderwärmung mit verantwortlich ist‘, sagt Ghosn und lässt offen, wie er selbst darüber denkt.“6
Ghosn war Chef von Renault und den japanischen Autokonzernen Nissan und Mitsubishi. Er wurde am 19. November 2018 in Japan inhaftiert mit der Anklage, er habe unrichtige Angaben zu seinen finanziellen Einkünften gemacht.
Der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer sieht andere Ursachen: Seiner Meinung nach ist Ghosn mit seiner Konstellation Renault-Nissan-Mitsubishi nicht sonderlich erfolgreich. „Ghosn hat seit ein paar Jahren Probleme und braucht eine Erfolgsgeschichte … Ich denke, dass er auch deshalb so stark auf die Elektro-Karte setzt.'“6 – „Der Vorreiter des lokal emissionsfreien Antriebs geht eine hochriskante Wette auf die Zukunft ein. Denn auch Elektroautos sind abhängig vom Öl – wenn dessen Preis niedrig bleibt, werden es alternative Antriebe schwer haben.“7
Deutscher Staat fördert. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) möchte, dass Deutschland bei der Elektromobilität ‚Weltspitze‘ wird. „‘Mein Ziel ist es, dass wir in Deutschland in Zukunft die besten Elektroautos der Welt bauen‘, sagte Ramsauer am Freitag zum Abschluss der Verkehrsministerkonferenz in Heidelberg. ‚In zehn Jahren wollen wir eine Million Elektrofahrzeuge auf deutschen Straßen haben‘, sagte er. Die Entwicklung der Elektromobilität werde aus staatlichen Mitteln mit rund 1,4 Milliarden Euro gefördert. Rund 700 Millionen Euro bringe die deutsche Wirtschaft dafür auf. (…) Staatliche Kaufanreize für Elektroautos lehnte der Minister zunächst ab. Dies wäre ‚verfrüht‘, sagte er. Es müsse das Ziel sein, Elektromobile kommerziell so attraktiv zu machen, ‚dass es staatlicher, draufgesetzter Kaufanreize gar nicht bedarf‘.“8
Da belieben Herr Minister zu scherzen: Die über neun Jahre propagierte Zahl von einer Million Elektroautos für das Jahr 2020 wurde 2017 von der Bundesregierung stillschweigend zurückgezogen. Und die Subventionen für Elektroauto-Käufer kamen dann 2017: Ohne Subventionen sind diese wohl doch nicht so attraktiv.
- Schrader. Christopher, Direkte Verbindung von Wille und Weg, in SZ 2.11.2009; vgl. auch Schrader, Christopher, 160 Kilometer Reichweite, in SZ 30.4.201 [↩]
- Schrader. Christopher, Direkte Verbindung von Wille und Weg, in SZ 2.11.2009; vgl. auch Schrader, Christopher, 160 Kilometer Reichweite, in SZ 30.4.2010 [↩] [↩] [↩]
- Hutter, Dominik, Elektro-Sprinter statt Diesel-Stinker, in SZ 9.11.2009 [↩]
- Kacher, Georg, Von Ingolstadt Strom aufwärts, in SZ 16.11.2009 [↩]
- dpa, Geld für E-Autos gefordert, in SZ 16.11.2009 [↩] [↩]
- Grünweg, Tom, Strahlend unter Strom, in spiegel.de 18.11.2009 [↩] [↩]
- Wette auf die Zukunft, in SZ 4.3.2010 [↩]
- Regierung will 1,4 Milliarden Euro investieren, in spiegel.de 20.11.2009 [↩]