Aktualisiert 24.1.2020
Am 18.11.2019 erschien die Pressemitteilung der Bundesregierung „Masterplan Ladeinfrastruktur – Mehr Ladestationen für Elektroautos“. Der eigentliche Masterplan Ladeinfrastruktur der Bundesregierung enthält eine Fülle von finanziellen Subventionen, Gesetzesänderungen und Förderungen aller Art, die hier kurz aufgeführt werden.
A. Ziel und Motivation
Im Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung sollen die CO2-Emissionen im Verkehrsbereich bis 2030 um 40 bis 42 % im Vergleich zu 1990 gesenkt werden. „Für die Erreichung dieser Ziele ist die Elektrifizierung insbesondere des Straßenverkehrs unerlässlich.“ (S. 1) Am 9.10.2019 hat das Bundeskabinett das „Klimaschutzprogramm 2030“ beschlossen: Die Ladeinfrastruktur wird als „Grundvoraussetzung für die Akzeptanz und Zunahme der Elektromobilität“ festgehalten. Der Ausbau der Ladeinfrastruktur mit verfügbaren Haushaltsmitteln sieht u. a. so aus: bis 2030 eine Million öffentlich-zugänglicher Ladepunkte mit Förderprogrammen bis 2025; Förderung gemeinsam genutzter privater und öffentlicher Ladeinfrastruktur, Schaffung guter Rahmenbedingungen, Errichtung einer „Nationalen Leitstelle Ladeinfrastruktur“, Erstellung eines Masterplan Ladeinfrastruktur in 2019.
Die Bundesregierung will zusammen mit der Industrie und der Beteiligung von Ländern und Kommunen den Aufbau der Ladeinfrastruktur massiv verstärken. Bis 2021 sollen 50.000 öffentliche Ladepunkte errichtet werden. Die Automobilwirtschaft steuert mindestens 15.000 Ladepunkte bei. Dazu kommen gesetzgeberische Maßnahmen, monetäre Maßnahmen und Beiträge der Wirtschaft. 2019 soll 2019 die „Nationale Leitstelle Ladeinfrastruktur“ geschaffen werden.
B. Status Quo
Bisherige Maßnahmen zur Förderung der Elektromobilität: Kaufprämien, Kfz-Steuerbefreiung, günstigere Dienstwagenbesteuerung, Elektromobilitätsgesetz, Maßnahmenpaket Mai 2016, Förderprogramm 2017, Zuwendungen für 51.000 Ladepunkte 8/2019. August 2019: rund 220.000 Elektro-Pkw mit rund 21.000 öffentlichen Ladepunkten in Deutschland. (Relation 0,95; Zielgröße der EU: 0,1 )
Ladeinfrastrukturbetreiber planen bis 2020 rund 3600 Schnellladepunkte. „Das ausreichende Vorhandensein von Ladeinfrastruktur ist entscheidend für die Kaufentscheidung der Verbraucher und mithin für den Hochlauf der Elektromobilität.“ (S. 3) Dieser Aufbau „macht Investitionen im mehrstelligen Milliardenbereich notwendig.“ (S. 4) Da „bisher nur wenige gewinnbringende Geschäftsmodelle existieren“, wird „zunächst eine Finanzierung durch die öffentliche Hand notwendig“. Dazu muss ein zügiger Ausbau des regenerativ erzeugten Stroms erfolgen.
C. Maßnahmen für den Aufbau von öffentlich zugänglicher Ladeinfrastruktur
I. Maßnahmen zur Verbesserung rechtlicher Rahmenbedingungen
Im März 2019 hat die Nationale Plattform Zukunft der Mobilität (NPM) das „Sofortpaket Ladeinfrastruktur 2019“ veröffentlicht. Die Bundesregierung will Authentifizierung, Bezahlsysteme und Roaming verbessern und das Abrechnungsverfahren vereinfachen. Die Netzbetreiber sollen den Bedarf vorausschauend ausbauen. An allen Tankstellen sollen auch Ladepunkte angeboten werden. Ein weiterer Trick: „Das BMU wird schnellstmöglich prüfen, ob die Errichtung von Schnelladesäulen als Dekarbonisierungsmaßnahmen der Mineralölwirtschaft behandelt werden können.“ (S. 5; Hervorhebung WZ) Des Weiteren sollen „Gesetzesänderungen im Bundesrecht den Aufbau von Ladeinfrastruktur erleichtern und fördern“ und Genehmigungsprozesse beschleunigt werden. (S. 5)
II. Maßnahmen zur Finanzierung des Aufbaus öffentlicher Ladepunkte
Bis 2022 sollen 50.000 öffentliche Ladepunkte errichtet werden, dazu 15.000 durch die Automobilwirtschaft und weitere durch die Energiewirtschaft. Bis März 2020 will das BMVI einen Förderaufruf für Kundenparkplätze veröffentlichen, dazu bis Ende 2019 ein Konzept zur Finanzierung und Organisation der Ladeinfrastruktur bis 2025. „Erstes Ziel soll die Errichtung von 1000 Schnellladestandorten sein.“ (S. 6. Bei jeweils 100 kW wäre dies ein Anschlusswert von 100.000 kW, bei 350 kW – wie für den Porsche Taycan geplant -, wären dies 350.000 kW.)
Für Elektroautobesitzer, die in Wohnblöcken wohnen, wird vom BMVI ein Wettbewerb „Modellquartier Ladeinfrastruktur“ geplant.
III. Koordinierende Maßnahmen
Im September 2019 veröffentlichte das BMVI die Webseite StandortTOOL. Sie zeigt den zusätzlichen Ladebedarf 2022 und 2030 und soll als Planungsgrundlage dienen, auch für den Ausbau des E-Nutzfahrzeugbereichs. Die NOW GmbH wurde am 19.12.2019 von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) mit der Errichtung und dem Betrieb der neuen Nationalen Leitstelle Ladeinfrastruktur beauftragt. Sie sammelt über die Datenbank OBELIS Daten zur Nutzung und Auslastung der Ladeinfrastruktur. Bis Ende 2020 werden geeignete Liegenschaften für die Ladeinfrastruktur in einem Flächenatlas identifiziert. Für die Langstreckenmobilität soll an Raststätten der Bundesautobahnen die nötige Ladeinfrastruktur installiert werden. „Die bewirtschafteten Rastanlagen sollen, sofern technisch und rechtlich möglich, bis 2022 jeweils mindestens 4 Ladepunkte mit mindestens 150 kW Leistung vorhalten.“ (S. 7) – „Das BMVI prüft zusätzlich, inwieweit an diesen Rastanlagen Ladestationen mit mindestens 350 kW, die die speziellen Anforderungen von schweren Nutzfahrzeugen erfüllen, errichtet werden können.“ (S. 8; diese Nutzfahrzeuge gibt es – bis auf einen Scania im Bergbau -, nicht. Aber der Porsche Taycan lädt mit 350 kW.) Dazu sollen Genehmigungsprozesse beschleunigt und Genehmigungsanforderungen erleichtert werden. „Beratung von Ladeinfrastruktur-Investoren hinsichtlich der Netzanschlusskosten“ (S. 8; Hervorhebung WZ)
IV. Strategische Maßnahmen
Der E-Auto-Stromkunde soll die Ladesäule problemlos auffinden und auch den Belegstatus abfragen. Authentifizierung, Freischaltung, Bezahlung und Abrechnung der Ladestation soll national und europaweit problemlos erfolgen. Die Energiewirtschaft soll die verbraucherfreundliche Ladeinfrastruktur unter Einbeziehung der NPM sicherstellen. Für die Planung werden Informationen von der Autoindustrie bezüglich der erwarteten Neuzulassungen, der Batteriegrößen, der Ladeleistung für BEVs und PHEVs und deren Verhältnis zueinander benötigt. Die NOW GmbH wird im 1. Quartal 2020 die Studie „Ladeinfrastruktur nach 2025 – 2030: Szenarien für den Markthochlauf“ veröffentlichen. „Elektromobilitätsmanager“ sollen den Aufbau in Bundesländern und Kommunen organisieren. (S. 9). Dies steht so bereits in Sofortpaket Ladeinfrastruktur 2019, S. 9.
D. Maßnahmen für den Aufbau von nicht-öffentlich zugänglicher Ladeinfrastruktur
1. Miet- und WEG-Recht: (Hier werden tiefgreifende Änderungen geplant)
„Um den Aufbau von Ladeinfrastruktur in Mehrfamilienhäusern (Mietshäuser und Wohnungseigentumsgemeinschaften) zu vereinfachen, wird das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz noch im Jahr 2019 einen Gesetzesentwurf vorlegen, mit dem das Miet-und Wohnungseigentumsrecht überarbeitet wird. Wichtig ist, dass der Mieter vom Vermieter die Erlaubnis zum Einbau von Ladeinfrastruktur verlangen kann und nur eingeschränkte Weigerungsrechte des Vermieters bestehen. Änderungen am Wohnungseigentumsgesetz sollen bewirken, dass dem Wohnungseigentümer ein Anspruch auf Einbau einer Ladeeinrichtung eingeräumt wird, gegen den sich die übrigen Wohnungseigentümer nur unter engen Voraussetzungen verwehren können sollen. Die Umsetzung soll bis Ende 2020 erfolgen.“ (S. 10)
2. Leitungs-und Ladeinfrastruktur in Gebäuden
„Die novellierte EU-Gebäuderichtlinie 2018/844 sieht Regelungen zum Aufbau einer Leitungs-und Ladeinfrastruktur für die Elektromobilität bei Neubau bzw. größerer Renovierung von Gebäuden mit mehr als zehn Stellplätzen vor. Gebäude werden damit zu einem wichtigen Baustein, um die Schaffung einer ausreichenden Ladeinfrastruktur zu beschleunigen. Hierzu ist in erfassten Wohngebäuden künftig jeder Stellplatz, in Nichtwohngebäuden jeder fünfte Stellplatz mit Schutzrohren für Ladekabel auszustatten. Zusätzlich ist in Nichtwohngebäuden mindestens ein Ladepunkt zu errichten. Bereits jetzt werden zu dem die Anforderungen für eine Mindestanzahl von Ladepunkten für alle Nichtwohngebäude mit mehr als zwanzig Stellplätzen ab 2025 festgelegt
Das BMWi und das BMI beabsichtigen, die Umsetzung durch Bundesgesetz bis zum Frühjahr 2020 abzuschließen.“ (S. 10)
Dazu u. a.: weitere steuerliche Förderung der E-Mobilität, Aufladen des E-Autos beim Arbeitgeber, Bau und Betrieb von Ladestruktur in der öffentlichen Verwaltung, beschleunigte Netzanschlüsse, Flexibilitätsmangement (S. 11).
E. Maßnahmen für den Aufbau von Ladeinfrastruktur für Lkws
Das Klimaschutzprogramm der Bundesregierung plant bis 2030 „etwa ein Drittel der Fahrleistung im schweren Straßengüterverkehr elektrisch oder auf Basis strombasierter Kraftstoffe“. (S. 13) Konzepte für Lademöglichkeiten der Batterie-Lkw, von Oberleitungen für Lkw und Wasserstoff-Tankstellen sollen erarbeitet werden. Bis Sommer 2020 sollen Konzepte für die Lademöglichkeiten von E-Lkws erstellt werden. Über eine internationale Zusammenarbeit und Standardisierung soll eine grenzüberschreitende Nutzfahrzeug-Ladeinfrastruktur (> 150 kW) und Teststrecken für den E-Fernverkehr geschaffen werden. (S. 13)
Im Ladestau. Der Firmenchef der Elektroinstallationsfirma Hager-Gruppe, Daniel Hager, zum Aufbau der Ladeinfrastruktur für Elektroautos: „Wenn sie eine Million Ladesäulen bis 2025 in Deutschland aufstellen wollen, müssen jeden Tag 360 Stück installiert werden. Dafür gibt es nicht genügend Handwerker, ganz zu schweigen von den langwierigen Genehmigungsverfahren.“1
Vergleiche auch: Laden oder Nicht-Laden; Immobilien und Ladestationen