Elektroauto Chronik eines Irrtums

April 2011

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Die Zulieferindustrie (1).Wer sichert sich den besten Platz unter den Zulieferern im Elektroauto-Geschäft – Bosch, Continental, Siemens? „Seit die Branche an der Einführung von Elektroautos arbeiten muss, verlagern sich die Gewichte dramatisch: Die Hersteller werden von neuen Konkurrenten bedrängt, die mit der Technik der E-Fahrzeuge besser vertraut sind als sie selbst. Immer mehr dringen die bisherigen Zulieferer in die angestammten Reviere der Autobauer vor. Der niedersächsische Zulieferer Continental, der bisher die großen Autokonzerne mit Reifen, Achsen- und Antriebstechnik sowie Autoelektronik ausstattete, geht jetzt auf Konfrontationskurs. Die Hannoveraner starten gerade die Fertigung von Elektromotoren für die künftigen Stromautos. Erster Kunde ist der französische Hersteller Renault.“1
Auch Bosch will Motoren und Batterien bauen. Das Gedrängel wird größer. Motor und Getriebe eines konventionellen Autos bestehen aus etwa 1400 Einzelteilen; der elektrische Antriebsstrang hat nur rund 200 Komponenten. „Experten aus der Autoindustrie rechnen daher mit einem um 50 bis 70 Prozent verringerten Beschäftigungsvolumen in den Motorenwerken.“1

Die Zulieferindustrie (2). Daimler und Bosch werden eine gemeinsame Firma zu je 50 Prozent gründen, die ab 2012 in Hildesheim und Stuttgart Elektromotoren bauen wird. Im Daimler-Konzern untersuchen Betriebsräte seit längerem die Auswirkungen der Elektromobilität auf die Beschäftigungslage. Stuttgarter Daimler-Betriebsräte warnen davor, die Motorfertigung auszulagern.2

Die Zulieferindustrie (3): Bosch. Beim derzeitigen Megathema Elektroauto will Bosch als weltweit größter Zulieferer an der Spitze der Bewegung stehen. Bosch-Vorstandsvorsitzender Franz Fehrenbach kündigte an, in der Elektromobilität bis 2013 mit 20 Projekten bei zwölf Autoherstellern aktiv zu werden. „Bosch wende jährlich 400 Millionen Euro für die Elektrifizierung des Antriebs auf, 800 Entwickler arbeiteten daran.“3

Formel E mit Hilfe der EU. Jean Todt ist der Präsident des Internationalen Automobilverbandes Fia: Bei ihm fragte EU-Industriekommissar Antonio Tajani nach, ob nicht eine neue elektrische Rennserie möglich wäre. „Eine elektrische Formel 1, da ist sich der Italiener Tajani sicher, würde ‚das Bewusstsein der Konsumenten schärfen und die Nachfrage nach Elektroautos stimulieren‘ – indem man sich ‚diesen hochmedialen Welt-Zirkus‘ zu eigen mache. (…) Elektroautos wären damit der Gegenentwurf zu allem, was die Formel 1 ausmacht. Sie fahren nicht so schnell, nach ein bis zwei Stunden ist die Batterie leer, man kann sie nicht riechen – und Lärm machen sie auch keinen.“4
Todt fand die Idee gut, und Tatjani sprach von einer starken Botschaft für „grüne Autos“. Und so wird die Formel E in der Saison 2014/15 kommen.

Renault Twizy. Der französische Kleinstwagen ist 230 Zentimeter lang und 120 Zentimeter breit. Der Beifahrer sitzt hinter dem Fahrer. Er hat eine Windschutzscheibe und ein Dach, aber nur auf Wunsch und gegen Aufpreis „Türen“: Diese sind eine eher primitive Schutzvorrichtung gegen Regen. „Flott voran geht es mit dem Kleinen in jedem Fall. Einfach mittels eines Hebelchens den einzigen Vorwärtsgang eingelegt, und der Elektroantrieb mit seinen 15 kW (20 PS) und 57 Newtonmeter Drehmoment schnurrt los wie von der Leine gelassen. Freudig surrend, mit maximal 75 km/h, eilt der Twizy dann dahin… 100 Kilometer weit soll das so gehen, im reinen Stadtverkehr wohlgemerkt, ohne die Lithium-Ionen-Batterien nachzuladen.“5

  1. Büschemann, Karl-Heinz, Fromm, Thomas, Wie aus Partnern Rivalen werden, in SZ 4.4.2011 [] []
  2. Fromm, Thomas, Schwäbische Zweckehe, in SZ 13.4.2018 []
  3. Deckstein, Dagmar, Rasant aus der Krise, in SZ 15.4.2011 []
  4. Fromm, Thomas, Winter, Martin, Summen statt brummen, in SZ 5.4.2014 []
  5. Reichle, Jörg, Zwei Halbe sind kein Ganzes, in SZ 18.4.2011 []
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