Elektroauto Chronik eines Irrtums

Dezember 2010

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Brüderle erfindet das Auto neu. Im „Ersten Zwischenbericht“ stellten die Experten der „Nationalen Plattform Elektromobilität“ Ende November 2010 fest, dass Deutschland bei der Elektromobilität ziemlich hinterherhinken würde, was ein zielstrebiges Handeln der Bundesregierung erforderlich mache. „Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) und Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) schlossen Kaufprämien wie in Frankreich dennoch aus. Brüderle warnte vor einem ‚internationalen Wettlauf bei den Subventionen‘ und wies darauf hin, dass die Regierung bereits 500 Millionen Euro für die Förderung der Elektromobilität bis 2011 zugesagt habe.“1 Brüderle äußerte, in Deutschland sei schließlich das Automobil erfunden worden (1886 durch Carl Benz; WZ), deshalb sei es nun nötig, das Automobil neu zu erfinden.1

Eon teasert an. Die Kreisstadt Starnberg stellt dem Stromversorger Eon am Bahnhof zwei Stellplätze zur Verfügung, wo alle Arten von Elektrofahrzeugen geladen werden können. Vor dem Gebäude des Starnberger TÜV war bis zum Herbst 2010 schon eine Ladestation installiert worden. „Uwe Hippmann, Leiter des Starnberger TÜV, beschreibt die Akzeptanz der mit großem Tamtam eingeweihten Zapfsäule etwas genauer: ‚Im Sommer ist alle zwei Wochen ein Auto zum Strom tanken gekommen, jetzt im Winter sind es weniger.‘“2
Die TÜV-Ladestation konnte induktiv laden, d. h. kabellos über eine Induktionsmatte, die der TÜV jetzt auf ihre elektromagnetische Verträglichkeit untersuchen lässt. „Zurzeit wird etwa geprüft, ob auch Menschen mit Herzschrittmacher die Induktionsmatte gefahrlos benutzen können.“2 Im Frühjahr 2011 soll sie wieder beim TÜV Starnberg installiert werden.

Ökostrom in Hülle und Fülle? Jochen Flasbarth war von 2009 bis 2013 Präsident des Umweltbundesamtes (UBA). Die Zitate sind aus seinem Beitrag für die SZ: „Im Sommer dieses Jahres hat das Umweltbundesamt in einer Studie vorgerechnet, wie Deutschland schon 2050 seinen Strombedarf zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien decken könnte. Handy, Kühlschrank oder Elektroauto – all das würde sich bis Mitte des Jahrhunderts komplett aus der sauberen Kraft von Wind, Wasser, Sonne, Geothermie oder Biomasse speisen. (…) Die wichtige klimapolitische Frage, die nun ansteht, lautet daher: Wie schaffen wir es, dass die Erneuerbaren trotz mehr Atomstrom im Netz weiter wachsen? Oder anders gewendet: Wie sorgen wir dafür, dass die Brückentechnologie“ Atomkraft den Weg ins erneuerbare Energien-Zeitalter nicht versperrt? Die erste – verblüffend kurze – Antwort lautet: Die erneuerbaren Energien müssen ihren Vorrang behalten. Das heißt: Immer dann, wenn Strom aus Wind, Wasser, Biomasse oder Sonne mit anderen Quellen um die Nachfrage konkurriert, muss dieser Strom den aus Atomkraft oder fossilen Quellen verdrängen. (…) Zweitens – und hier wird es etwas komplizierter – müssen wir den Handel mit Emissionsrechten für Kohlendioxid anpassen. (…) Unsere Studie geht davon aus, dass es neue Stromverbraucher geben wird; etwa die Fahrer von Elektroautos.“3
Der gravierende Denkfehler: Wenn Strom aus erneuerbaren Energien den Strom aus Atomkraft oder fossilen Quellen verdrängen soll, muss er in irrwitzigen Quantitäten zur Verfügung gestellt werden: mit einem unbezahlbaren Preis an Landschaft und Natur. Auch der „Ökostrom“ ist nicht unendlich, wie bis heute gern suggeriert wird.

Auch München tankt mit Ökostrom. Florian Bieberbach ist kaufmännischer Geschäftsführer der Stadtwerke München, die gerade 30 Ladestationen errichtet haben: An den SWM-Ladesäulen wird ausschließlich CO2 -freier Ökostrom aus erneuerbaren Energien geliefert. „Für jede Stromladung, die an einer Ladestation entnommen wird, müssen wir nachweisen, dass die gleiche Menge Ökostrom eingespeist wird. Das wird kontrolliert und vom TÜV zertifiziert. Die Menge Ökostrom, die abgegeben wird, wurde auch erzeugt.“4

  1. Öchsner, Thomas, Leitmarkt werden – aber wie? in SZ 1.12.2010 [] []
  2. Fritscher, Otto, Haacke, Peter, Zwei Tankstellen für 32 Autos, in SZ 4.12.2010 [] []
  3. Flassbarth, Jochen, Prüfung für den Musterschüler, in SZ 8.12.2010; Hervorhebung WZ []
  4. Elektroautos müssen wettbewerbsfähig werden, in SZ 11.12.2010 []
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