Spiegel-Redakteur Christian Wüst fuhr mit dem Zoe im Februar 2017 die 450 Kilometer vom Renault-Importeur in Brühl bei Köln zum Spiegel-Verlagssitz nach Hamburg. „Die Reise dauerte einschließlich zweier Ladepausen zehn Stunden. Das Durchschnittstempo entsprach also etwa der Höchstgeschwindigkeit eines Mopeds. (…) Autos auf Fernfahrten sind Energiefresser und Batterien noch immer sehr schlechte Energiespeicher: Im Lkw-Tempo um die 90 km/h und mit laufender Heizung verbraucht der Zoe etwa 15 Kilowattstunden pro 100 Kilometer, kommt also höchstens 250 Kilometer weit, um mit einer kleinen Reserve die nächste Zapfstelle zu erreichen. Fährt man hingegen konstant mit der auf Autobahnen üblichen Richtgeschwindigkeit von 130 (sehr viel mehr schafft der Wagen ohnehin nicht), steigt der Verbrauch auf rund 24 Kilowattstunden, und die Reichweite sinkt auf gut 150 Kilometer.“ [Wüst, Christian, Was die neuen Elektroautos taugen, in Der Spiegel 8/19.2.2017
Der spiegelonline-Redakteur Christian Frahm testete im Frühjahr 2017 den Zoe in Hamburg.
(1) Verbrauch. „Nach etwa 30 Kilometern meldet der ‚Tour-Report‘ im Bordcomputer, dass ich aktuell mit 81 von 100 möglichen Effizienzpunkten unterwegs bin. Dann biege ich jedoch Richtung Autobahn ab. Die Beschleunigung des Zoe im Eco-Modus entpuppt sich dort als derart dürftig, dass ich in den Standard-Modus wechsle, um zumindest die Lkw überholen zu können. Als die Strecke frei ist, trete ich das Pedal durch, bis der Tacho 139 km/h anzeigt – dann regelt die Elektronik automatisch ab. (…) Als ich von der Autobahn abfahre, ist mein Effizienzpunktestand auf 76 gefallen. Laut Tacho endet meine erste Fahrt nach 72 Kilometern. Die Reichweitenanzeige im Cockpit hat jedoch um das doppelte abgenommen – 142 Kilometer sind weg. Mir wird bange: Stecken in den anfangs angezeigten 329 Kilometern Reichweite tatsächlich nur rund die Hälfte reale Kilometer?“ [1]
(2) Das Ladesystem. „Die nächstgelegene Säule steht etwa 800 Meter von meiner Wohnung entfernt. Volltreffer: Beide Buchsen sind frei. Ich parke auf der blau markierten Stellfläche und hole das fünf Meter lange Ladekabel aus dem Kofferraum. Ich stecke das Kabel ein, zuerst in die Buchse am Auto, dann in die Buchse an der Ladesäule. Ein blaues Lämpchen meldet, dass der Strom fließt. Das verdanke ich unter anderem Ralph Kampwirth. Er arbeitet beim Ökostromanbieter Lichtblick, von dem ich auch zu Hause meinen Strom beziehe. Von Kampwirth habe ich einen RFID-Chip erhalten, einen orangefarbenen Plastikanhänger für den Schlüsselbund, etwas größer als eine Zwei-Euro-Münze. Mit diesem Chip kann ich mich an der Ladesäule anmelden und anschließend Strom tanken. Die Abrechnung erfolgt dann über Lichtblick – auch dann, wenn die Ladesäule – wie im jetzigen Fall – dem Unternehmen Stromnetz Hamburg gehört“ [2]. Zitat Ralf Kampwirth: „Beim Laden eines E-Mobils ist die Verbraucherfreundlichkeit so weit entfernt wie der Saturn von der Erde.“ [2]
(3) Das Laden. „Der Bordcomputer des Zoe zeigt noch 135 Kilometer Restreichweite an, als ich nach Feierabend vor der Ladesäule in der Nähe meiner Wohnung parke. (…) Ich hole das Ladekabel aus dem Kofferraum, schließe es an und halte anschließend meinen RFID-Chip vor die Anzeige der Ladesäule. ‚Vorgang derzeit nicht möglich. Wir bitten um Verständnis‘, steht auf dem Display. Drei weitere Versuche bleiben ebenfalls erfolglos. Während ich die Servicenummer des Säulenbetreibers wähle, erscheint auf der Anzeige der Ladesäule plötzlich ein Smiley. Mein Chip wurde doch erkannt. Glückssache Stromzapfen? (…) Während der Ladezeit hat der Akku 21,15 Kilowattstunden Energie aufgenommen. Umgerechnet auf die damit zurückgelegte Strecke von 109 Kilometern und den Preis von 27 Cent pro Kilowattstunde macht das etwa 5,24 Euro Stromkosten pro 100 Kilometer. Mit einem vergleichbaren VW Polo, Normverbrauch 4,7 Liter Benzin je 100 Kilometer, hätte man beim derzeitigen Preis von 1,30 Euro pro Liter Benzin 6,22 Euro gezahlt (wahrscheinlich deutlich mehr, wer bewegt schon ein Auto mit dem Normverbrauch?). Vorteil E-Mobil! Der Nachteil: Statt der vorausgesagten zwei Stunden dauerte der Ladevorgang des Renault Zoe drei Stunden.“ [3]
(4) Parken. Im Hamburger Stadtgebiet dürfen seit November 2015 Elektroautos kostenlos auf den öffentlichen Stellplätzen parken. [4].
(5) Verreisen. „Bis zu 140 km/h sind mit dem Zoe drin, aber bei einer dauerhaften Fahrt mit Maximalgeschwindigkeit schmilzt der Energievorrat wie ein Eis im Ofen. Also stelle ich den Tempomat auf moderate 110 km/h. Nach 141 Kilometern erreiche ich gelassen mein Ziel bei Eckernförde an der Ostsee. In Hamburg zeigte mir das Auto eine Reichweite von 256 Kilometern an. Jetzt meldet die Anzeige eine noch verbleibende Reserve von 73 Kilometern. Das heißt: Für 141 Kilometer reale Fahrt sind 183 Kilometer Akku-Reichweite draufgegangen.“ [5]
(6) Strom-Abrechnung. Testfahrer Christian Frahm hat seinen RFID-Chip im Büro vergessen. (…) Aber kein Problem: Der Strom lässt sich ja auch im sogenanntem Direct-Pay-Verfahren per SMS bezahlen. Eigentlich. Wie das Prinzip funktioniert, steht glücklicherweise auf der Ladesäule. Ich schicke also eine SMS mit der Nummer des Ladepunkts an die angegebene Servicenummer. Ich warte. ‚Vorgang derzeit nicht möglich‘, steht in der Antwort-SMS, außerdem auf dem Display der Ladesäule. Ich werde um Verständnis gebeten. Kein Problem. Ich versuche es noch einmal. Wieder vergeblich. Ich rufe bei der Service-Hotline des Ladesäulenbetreibers an. ‚Das könnte an Ihrem Mobilfunkvertrag liegen‘, erklärt mir ein Mitarbeiter. ‚Sie müssen bei Ihrem Vertragspartner anrufen und der Abbuchung eines Drittanbieters über ihre Handyrechnung zustimmen, sonst funktioniert die Abbuchung nicht, und Sie bekommen keinen Strom.‘ Ich rufe also bei meinem Mobilfunkbetreiber an und lande in der Warteschleife. Voraussichtliche Wartezeit: 15 Minuten. Ich lege genervt auf. Aus dem Akkuladen wird heute nichts. Gut, dass ich noch genügend Kilometer Restreichweite habe.“ [6]
Unterschiedliche Stromkosten. „Im Falle der von mir angesteuerten Ladesäule zum Beispiel wären erst einmal 1,73 Euro Servicegebühr pro Vorgang fällig gewesen. Hinzu kommen die Stromkosten, in diesem Fall 27 Cent pro Kilowattstunde. Auf diese Summe werden aber noch weitere 12,5 Prozent ‚Transaktionskosten‘ aufgeschlagen. (…) Die Ladesäulen werden je nach Region von unterschiedlichen Stromkonzernen betrieben. In Hamburg beispielsweise vom Betreiber Stromnetz Hamburg, in Baden-Württemberg von EnBW, in Nordrhein-Westfalen von RWE. Abhängig von den Tarifen der Betreiber fallen somit auch die Strompreise an den Ladesäulen unterschiedlich aus. Mal sind es 27 Cent, an der Ladesäule einen Kilometer weiter können es 30 Cent sein, an einer anderen sogar 56 Cent pro Kilowattstunde.“ [6]
Der Eup – dein Freund und Helfer. „Wer hilft mir, wenn ich mit dem Elektroauto liegen bleibe? Beim ADAC versichert man mir, dass alle Pannenhelfer des Unternehmens ‚Eups‘ sind. Die Abkürzung steht für ‚Elektrotechnisch unterwiesene Personen‘. Dazu mussten die sogenannten Gelben Engel Fortbildungen absolvieren. Das ist notwendig, weil E-Mobile über Hochvoltnetze mit einer Spannung von 400 bis 600 Volt verfügen – ein Stromschlag wäre hier tödlich.“ [7]
[1] Frahm, Christian, Mein Leben als Ladesäulen-Nomade, in spiegel.de 29.5.2017
[2] Frahm, Christian, Warum Ladesäulen den Dienst verweigern, in spiegel.de 30.5.2017
[3] Frahm, Christian, So zäh fließt der Strom ins E-Mobil, in spiegel.de 1.6.2017
[4] Frahm, Christian, Parkplatz gratis, Ärger umsonst, in spiegel.de 2.6.2017
[5] Frahm, Christian, Langsam läuft’s, in spiegel.de 6.7.2017
[6] Frahm, Christian, Preiskampf an der Ladesäule, in spiegel.de 7.6.2017
[7] Frahm, Christian, Hier kann nur ein Eup helfen, in spiegel.de 13.6.2017