Aktualisiert 5.11.2019
Rohstoffknappheit für Elektroauto-Batterien. „Terbium wird für Brennstoffzellen benötigt, Yttrium für Energiesparlampen, Lanthan für Hybridfahrzeuge. Kaum eine der Schlüsseltechnologien, auf die die Autoindustrie setzt, kommt ohne seltene Rohstoffe aus. Darunter befinden sich auch die sogenannten Seltenen Erden, Metalle, die so unbekannt sind, dass kaum ein Autofahrer je davon gehört hat.“ [1] Die meisten dieser Elemente sind knapp und haben dazu noch problematische Lieferanten wie China (Seltene Erden) oder Kobalt (Kongo).
Seltene Erden aus China. Bei den 17 chemischen Elementen der Seltenen Erden hat sich der Bedarf in den letzten 20 Jahren verzwanzigfacht. Die Bundesanstalt für Geologie und Rohstoffe (BGR) warnt bereits vor einem „erhöhten Versorgungsrisiko“. [1] Das führt zu geopolitischen Konflikten. „Selbst den Meeresboden wollen die modernen Schatzsucher gründlich durchwühlen. Durchsucht werden soll ein Gebiet im ostchinesischen Meer, das 340.000 Quadratkilometer groß ist. Politische Konflikte mit China sind programmiert, weil sich beide Länder um den exakten Verlauf der jeweiligen maritimen Wirtschaftszonen streiten.“1
Neodym aus China. Das Seltene-Erde-Metall sorgt dafür, dass Magneten noch magnetischer werden. „Diese Eigenschaft macht den Rohstoff für die Hersteller von Elektroautos unentbehrlich. Gefördert wird Neodym in China, wie etwa 90 Prozent aller Seltenen Erden. Abbau und Aufbereitung gelten als sehr umweltschädlich, weil radioaktive Abfallprodukte entstehen. Zwar hat die Zentralregierung Gesetze erlassen, um die Umwelt zu schützen – nur nutzen die nichts, wenn Korruption und illegaler Abbau allgegenwärtig sind.“2
Elektroauto ökologisch? Zu den Seltenen Erden gehört auch Dysprosium. „Hielte der Trend zum Elektroauto an, so rechnet das Umweltbundesamt vor, bräuchte es bis 2030 sechsmal so viel Dysprosium, als zuletzt weltweit gefördert wurde.“3
Chinas Monopol. Da viele Förderbetriebe für Seltene Erden in Europa und den USA aus Umweltgründen den Abbau eingestellt haben, hat China nunmehr 95 Prozent Anteil an Seltenen Erden auf dem Weltmarkt. Die Nachfrage wächst: Durch die Energiewende und die Elektroautos. „Bei Elektroautos werden Seltene Erden insbesondere in den Akkus eingesetzt. Benötigt werden die Metalle aber auch für die Herstellung von Windturbinen und Solarpaneelen. Wichtige Erden sind hier Lanthanum, Cerium, Neodymium, Ytterium und Lutetium. Insgesamt gibt es 15 Metalle, die als Seltene Erden bezeichnet werden. (…) Seit dem Jahr 2000 ist die Gewinnung Seltener Erden sogar Teil der Sicherheitspolitik Chinas. Das staatliche Programm 863 nennt explizit dieses Ziel und weist auf die militärische und sicherheitspolitische Bedeutung der Gewinnung Seltener Erden aus dem Meer hin. Da China aber längere Zeit viele technische Hilfsmittel für den Unterwasserbergbau fehlten, musste das Reich der Mitte diese Technologien im Ausland einkaufen, etwa die Schiffspläne von Nautilus Minerals in Kanada oder durch den Erwerb von SMD, einem großen britischen Hersteller von unbemannten Unterwasserfahrzeugen. Damit die chinesischen Interessen nicht allzu früh sichtbar wurden, ist beispielsweise SMD nicht von der Mawei-Werft gekauft worden, sondern von der CRRC-Gruppe, einem Unternehmen, das Eisenbahnmaterial aller Art produziert.“4
Embargo reduzierte Verbrauch. „Im Jahr 2010 schränkte China den Export von Seltenen Erden ein – woraufhin die Preise für manche der Rohstoffe um das Zehnfache stiegen. Auch damals fürchteten Batteriehersteller eine Rohstoffknappheit – die dann letztlich nie eintrat. Zum einen ersetzten Unternehmen die Seltenen Erden vielfach durch andere Rohstoffe. Mehrere westliche Staaten suchten zudem gezielt nach eigenen Vorkommen für Seltene Erden – bald stellte sich heraus, dass diese gar nicht so selten waren. China hob seine Exportbeschränkungen bald auf, heute verkauft das Land besonders viele Seltene Erden. Das hat einen einzigen Grund, vermuten Experten: Denn die Seltene-Erden-Schwemme senkt die Preise, was die Erschließung anderer Lagerstätten vielfach unökonomisch macht.“5
BMW iX3 ohne Seltene Erden. BMW hat einen Elektromotor entwickelt, der ohne Seltene Erden auskommt, um sich unabhängig von diesem „politischen Rohstoff“ zu machen.6 – Der BMW-Chefentwickler für Elektroantriebe, Stefan Juraschek: „‚Wir wurden von den Seltene-Erden-Preisen sehr gebeutelt.“7 Da die nächsten Elektromotoren in einer Stückzahl von etwa einer halben Million gebaut werden, sind hier Preissteigerungen sehr teuer.
Hohe Preise, kaum Recycling. Die Recyclingquote bei Seltenen Erden liegt bei etwa einem Prozent.7
China reagiert auf US-Strafzölle. Als Reaktion auf den Handelsstreit mit den USA hat China mit einer Ausfuhrbeschränkung Seltener Erden gedroht. China hat hier fast eine Monopolstellung. Analysten des Brokerhauses PVM äußerten dazu: „China ist der weltgrößte Förderer dieser Rohstoffe und will sie offenbar als Druckmittel nutzen.“8
Geopolitisches Machtmittel für China. China setzt die Seltenen Erden auch geopolitisch ein. Mit Japan gab es 2010 einen Streit um die Senkaku-Inseln im Ostchinesischen Meer. Peking stoppte die Lieferung nach Japan, das nach einigen Tagen Zugeständnisse machen musste. Deshalb finanzierte Japan den Abbau Seltener Erden in Australien und deren Verarbeitung in Malaysia und ist seitdem unabhängig von China. Anders die USA, das für den Aufbau einer eigenen Produktion von Seltenen Erden fünf bis zehn Jahre benötigen würde, wie der BGR-Experte Harald Elsner vom BGR berichtet: „Derzeit gibt es in den USA bis auf das kalifornische Bergwerk Mountain Pass keine einzige erschlossene Lagerstätte, keine Anlage zur Aufbereitung und außerdem auch nicht das nötige Know-how dafür.“9 Aber selbst Mountain Pass gehöre inzwischen teilweise einem chinesischen Konzern. Elsner: „Was dort gefördert wird, wird derzeit zur finalen Aufbereitung nach China geschickt.“ ((Diekmann, Florian, Trump muss Chinas Rohstoff-Keule fürchten, in spiegel.de 31.5.2019))
Dazu ist die Gewinnung der Seltenen Erden extrem aufwendig – und umweltschädlich: „Für jede Lagerstätte muss eine eigene Aufbereitungsanlage gebaut werden, in der die Metalle mittels Säurelösungen aus dem Erz gewaschen werden – und die sich auch jeweils nur für die Erze dieser einen Lagerstätte eignet.“9 Elsner schätzt die Kosten für jede Anlage auf „mindestens eine Milliarde Dollar“.9
US-Militär sucht neue Lieferanten. In vielen Rüstungsgüter sind Seltene Erden verbaut: von Kampfjets bis zu Nachtsichtgeräten. Deshalb sucht das US-Militär, das bisher 80 Prozent aus China bezog, Lieferanten außerhalb Chinas wie z. B. bei Mkango Resources in Malawi. China selbst kontrolliert nur ein Drittel der Vorkommen an Seltenen Erden, verfügt aber über mehr als 80 Prozent der Verarbeitungsanlagen.10
BMW iX3 ohne Seltene Erden. Der Elektromotor des BMW SUV i X3 hat keine Magneten: Das Magnetfeld wird über den Strom erzeugt. Dadurch werden keine Seltenen Erden benötigt.11
- Liebrich, Silvia, Die Rohstoff-Lücke, in SZ 30.4.2010 [↩]
- Tuil, Marie, Schöngerechnet, in SZ 23.11.2015 [↩]
- Bauchmüller, Michael, Wie ökologisch ist ein Elektroauto? in SZ 7.5.2016 [↩]
- Odrich, Peter, China baut ab 2019 Seltene Erden auf dem Meeresboden ab, in ingenieur.de 6.9.2017 [↩]
- Eckl-Dorna, Wilfried, Wettstreit um die weltweiten Kobaltreserven, in spiegel.de 9.12.2017 [↩]
- Specht, Michael, Mitten im Strom statt vorneweg, in spiegel.de 25.4.2018 [↩]
- Becker, Joachim, Nachhilfe für Maschinenbauer, in SZ 5.5.2018 [↩] [↩]
- Chinesische Drohungen belasten Börsen, in spiegel.de 29.5.2019 [↩]
- Diekmann, Florian, Trump muss Chinas Rohstoff-Keule fürchten, in spiegel.de 31.5.2019 [↩] [↩] [↩]
- US-Militär sucht neue Lieferanten für Seltene Erden, in spiegel.de 6.6.2019 [↩]
- Specht, Michael, Testfahrt im elektrischen iX3: Das kann der erste BMW aus China, in spiegel.de 4.11.2020 [↩]