Aktualisiert 24.9.2020
Ab 2020 im Handel. Der kleinste ID3 mit 45 kWh-Akku soll unter 30.000 Euro kosten, die Edition 1 ab 39.000 Euro: Beide Versionen erhalten den Ladestrom für ein Jahr (bzw. maximal 2000 kWh) kostenlos. Mit einer Ladeleistung von 100 kW kann man in rund 30 Minuten 260 Kilometer Reichweite laden. Silke Bagschik, für Vertrieb und Marketing des ID zuständig, eröffnet folgende (Marketing-)Rechnung bezüglich der Energiekosten: Der Dieselkraftstoff kostet für 100 Kilometer etwa 10 Euro, der Strom für 100 Kilometer würde nur die Hälfte kosten. (Bei entsprechender Ausweitung der Elektromobilität kann natürlich der Strompreis entsprechend steigen.) Und die nächste irrige Annahme: „VW verspricht eine CO2-neutrale Wertschöpfung von der Lieferkette über die Produktion bis zur Nutzung.“1
VW präsentiert ID3 auf der IAA 2019. Der ID3 soll nach vielen Ankündigungen nun ab 2020 im Werk Zwickau gebaut werden. Der ID3 hat einen Elektromotor mit 150 kW (204 PS) und einen Akkusatz mit 58 kWh Ladekapazität und offiziellen 420 Kilometer Reichweite. Später kommt das Modell mit 45 und 77 kWh. Die Akku-Garantie von VW geht über acht Jahre oder 160.000 Kilometer. Laut VW-Chef Herbert Diess ist der ID3 das erste „bilanziell CO2-neutrale Fahrzeug der Welt“.2
Das ist eine VW-Milchbubenrechnung, die nur (scheinbar) stimmt, wenn man die für Elektromobilität nötige völlig neu aufzubauende technische Infrastruktur (Hoch- und Mittelspannungsverteilung, Umspannwerke, Ladesäulen, den derzeitigen Strommix von derzeit etwa 500 Gramm CO2 pro kWh und das im Elektroauto selbst steckende CO2 (Stichwort CO2-Rucksack) plus die Förderung seltener Rohstoffe in fernen Ländern (Lithium in Südamerika, Kobalt im Kongo) nicht mit einrechnet … Aber die deutsche (und europäische) Autoindustrie hat erreicht, dass Elektroautos per se mit null Gramm CO2 – plus dem Faktor zwei der Super-Credits – bewertet werden, so falsch das immer sein mag.
Produktionsstart 4.11.2019. In Zwickau wurden etwa eine Milliarde Euro in die Transformation von der fossilen Autoproduktion zur Elektroauto-Fabrik investiert. Seit 4.11.2019 laufen die ersten ID 3 vom Band. 2020 sollen 100.000 Elektroautos in Zwickau gebaut werden, 2021 schon 330.000. Bis 2023 sollen 23 Milliarden Euro in den Umbau auf Elektroantrieb investiert werden. Das nächste Modell ist der Elektro-SUV ID Crozz. „VW geht volles Risiko: Scheitert der ID 3, könnte auch VW scheitern.“3
Vergleiche auch: SUV, elektrisch
Produktionshochlauf Spätsommer 2020. VW-Chef Herbert Diess fordert nicht ohne Grund: „Der ID3 muss auf die Straße!“4 Der Produktionshochlauf soll nun im Spätsommer 2020 sein. Laut Diess liegt der Grund in der „Software- und Elektronik-Komplexität“.4
VW ID.3 läuft schlecht. 100.000 ID.3 will VW im Jahr 2020 ausliefern – auch um Strafzahlungen wegen der EU-Grenzwerte für CO2 zu vermeiden. Aber der neue elektrische Hoffnungsträger scheint noch weit weg von einer Marktreife zu sein. „Derzeit werden die ID.3-Fahrzeuge jedenfalls als leere Blechhüllen vorproduziert und auf einem riesigen Parkplatz in Sachsen zwischengelagert – in der Absicht, die Software einzuspielen, wenn irgendwann zumindest eine einigermaßen taugliche Basisversion fertig ist.“5 Zitate von der VW-Produktionsseite: „Das Auto ist weit entfernt von der Marktreife.“ – „Es ist ein absolutes Desaster. Wir kriegen einfach die Leute nicht.“ – „Das hat mit Serienproduktion nichts zu tun.“5
Neues Vertriebsmodell für den ID 3. „Zum 1. April sind im Volkswagen-Konzern neue Händlerverträge in Kraft getreten. Bei künftigen Elektromodellen wie dem ID 3 findet die eigentliche Kaufbeziehung zwischen dem Autohersteller und dem Kunden statt, der Händler fungiert nur noch als Vermittler.6
VW produziert den ID.3 für Parkplätze. Das Elektroauto ID.3 weist Probleme bei der Software-Entwicklung auf und deshalb wird derzeit ohne vollständiges Betriebssystem produziert. „In der Zwischenzeit parken Tausende ID.3s als seelenlose Hüllen, teils am Gelände der VW-Fabrik in Zwickau (…), teils auf einem riesigen Parkplatz in Sachsen, den VW der Öffentlichkeit aber nicht gern zeigt.“7 – Der ID.3-Rechner Icas3 erreicht seine Zielwerte nicht: Die Hardware funktioniert, die Software (Always on-Funktion) arbeitet nur unzuverlässig. Bis Ende Juni 2020 soll ein „Bugfixing“ erfolgen. Danach soll der ID.3 mit reduziertem Digitalangebot ausgeliefert werden.8
ID.3 im Juni 2020. Ab September 2020 soll nun der ID.3 mit einer 58-kW-Batterie für unter 40.000 Euro ausgeliefert werden – inclusive Software-Problemen.9 Viele Funktionen werden später freigeschaltet: der Fernbereich des Head-Up-Displays, die Smartphone-integration mit Apple Car Play und Android Auto, die Einparkautomatik, dazu das Modul, welches die Updates über eine Mobilfunkverbindung aktualisiert. Damit müssen zumindest die ersten ID.3-Kunden für die Updates in die Werkstatt – während Tesla dies online durchführen kann.10 Ab 17.6.2020 können ID.3-Interessenten ihre Reservierung in einen normalen Kaufvertrag umwandeln. Problematisch für VW an der Auslieferungsverzögerung ist auch die neue, ab 1.1.2020 geltende EU-Obergrenze von 95 Gramm CO2 pro Kilometer: Da Elektroautos per se (und grundfalsch) mit null Gramm CO2 gerechnet werden (plus Super-Credits-Faktor), fehlen nun die ID.3 zum Gegenrechnen.
ID.3-Daten. Die „First Edition“ kostet fast 40.000 Euro – abzüglich 9000 Euro Kaufprämie. Sie wiegt stattliche 1800 Kilogramm, hat einen 150-kW-Motor und Akkus mit 58 kWh, die 420 Kilometer Reichweite erreichen sollen. Später folgt eine Version mit 77 kWh (550 Kilometer) und ein 45-kWh-Modell (330 Kilometer) für unter 30.000 Euro.10
Anmerkungen eines Architekturkritikers. Gerhard Matzig schrieb über den VW ID.3 in der SZ: „Selten zuvor sah die Zukunft so wenig nach Zukunft aus. (…) Der ID. erinnert woran? An den Golf. Das Auto ist äußerlich ein Fanal der Banalität.“11
Beginn der Auslieferung. Ab 7.9.2020 wird der ID.3 ausgeliefert. Nach VW-Angaben sind 25.000 der auf 30.000 begrenzten ersten Edition verkauft. Wie der ID.3 wird auch der Kompakt-SUV ID.4 auf dem Modularen E-Antriebs-Baukasten (MEB) aufgebaut: Bis 2028 sollen bis zu 22 Millionen MEBs gebaut werden. Die Software-Probleme sind immer noch vorhanden: Im Winter müssen die Kunden Updates nachladen.12
- Kacher, Georg, Alles auf E, in SZ 13.7.2019 [↩]
- Pander, Jürgen, Strom ist die Hoffnung, in spiegel.de 9.9.2019 [↩]
- Frahm, Christian, Elektro oder nichts, in spiegel.de 4.11.2019 [↩]
- Hägler, Max, Kunkel, Christina, Die Last der PS-Protze, in SZ 18.1.2020 [↩] [↩]
- Mayer, Stefan, Slavik, Angelika, System-Problem, in SZ 26.3.2020 [↩] [↩]
- Becker, Joachim, Kaufen von der Couch, in SZ 18.4.2020 [↩]
- Slavik, Angelika, Abgestellt, in SZ 19.5.2020 [↩]
- Hage, Simon, Notruf Wolfsburg, in Der Spiegel 22/23.5.2020 [↩]
- Hägler, Max, Kein Witz, in SZ 12.6.2020 [↩]
- Geiger, Thomas, Volkswagens erstes richtiges Elektroauto: Die Zukunft beginnt jetzt, in spiegel.de 16.6.2020 [↩] [↩]
- Matzig, Gerhard, Golf im Schafspelz, in SZ 22.6.2020 [↩]
- Die ersten Kunden erhalten Volkswagens Elektro-Hoffnungsträger VW ID.3, in manager-magazin.de 11.9.2020 [↩]