Der Chefredakteur von fairkehr, Michael Adler, zur Elektroauto-Berichterstattung in den Medien: „Es wird drastisch vereinfacht und im eigenen Interesse interpretiert. Daraus folgen dann solche Sätze wie: ‚Wachstum schafft Arbeitsplätze‘ oder ‚Atomstrom ist CO2-frei‘ oder ‚Die Zukunft des Autos ist elektrisch‘. (…) Die Medien, die ja als vierte Gewalt im Staat den Auftrag haben, Politik und Wirtschaft durch Herstellung von Öffentlichkeit zu kontrollieren, scheuen leider auch häufig eigene Denkarbeit. Wie sonst wäre zum Beispiel zu erklären, dass alle Medien fast gleichgeschaltet zur Automobilmesse IAA berichteten, Elektroautos gehöre die Zukunft. Sie verletzen damit den journalistischen Grundsatz, über das zu schreiben, was ist, und nicht über das, was sein könnte.“1
Christian Malorny, Verfasser einer Studie von McKinsey über die weltweite Pkw-Flotte, weist im SZ-Interview darauf hin, dass die Massenmotorisierung in Asien mit Verbrennungsmotoren erfolgt. Da aber in China der Strom zu 80 Prozent mit Kohlekraftwerken erzeugt wird, kann bei einer Umstellung auf Elektromobilität keine Klimaverbesserung erwartet werden. Finanziell rechnen sich Hybrid-Autos, aber keine Elektroautos. „Während sich Hybridfahrzeuge über den Lebenszyklus von zwölf Jahren rechnen, sieht die Bilanz für E-Fahrzeuge schlechter aus. Wegen der hohen Batteriepreise sind sie heute rund 30.000 Euro teurer als ein vergleichbarer Benziner oder Diesel. In 20 Jahren könnte sich der Mehrpreis auf rund 6000 Euro reduziert haben – aber Geld sparen kann man damit immer noch nicht. (…) Die Umstellung auf klimafreundlichere Antriebe wird auf jeden Fall eine Mammut-Aufgabe: Die Mehrkosten für die weltweite Autoindustrie belaufen sich bis 2030 auf 170 bis 250 Milliarden Euro, um die immer strengeren CO2-Anforderungen zu erfüllen – jährlich wohlgemerkt! Da sind die Infrastrukturkosten für Elektro- oder Wasserstofffahrzeuge noch gar nicht eingerechnet.“2
Infrastruktur für Elektroautos. Martina Hinricher ist Energie-Expertin im Bundesverkehrsministerium und betont die Wichtigkeit, Elektrofahrzeuge in urbane Verkehrskonzepte zu integrieren. Außerdem sind öffentliche Ladestationen und Parkplätze wichtig. Problematisch wird es, wenn es keine Käufer von Elektroautos gibt: „Innovationen kann man nicht von oben verordnen. Das letzte Wort haben die Autokäufer. Wir wollen mittelfristig einen Markt haben, der ohne Subventionen auskommt.“3
Diese kamen dann 2017!
Tesla: Pleiten, Pech und Pannen. Vor dem US-Elektroautohersteller Tesla wird die deutsche Autoindustrie noch zittern. Aber zunächst bekam Tesla selbst Probleme. Vom Tesla Roadster wurden erst 300 wegen Probleme mit dem Getriebe ausgeliefert. Und die 150 Millionen Dollar beim Start im Herbst 2008 waren bis auf neun Millionen Dollar abgeschmolzen und 20 Prozent der Tesla-Belegschaft musste gehen. Vom zweiten Tesla Modell, dem Model S, sollen ab 2011 pro Jahr 20.000 verkauft werden. [3] Für dessen Produktion lieh sich Tesla 350 Millionen Dollar von der US-Regierung, die auch bis zu 1,5 Milliarden Dollar für die Herstellung der Akkus zur Verfügung stellte. „Weitere 500 Millionen Dollar sollen an Firmen gehen, die andere Komponenten für die Elektrofahrzeuge herstellen. 400 Millionen Dollar sind für Entwicklungsausgaben und die notwendige Infrastruktur für Hybridautos wie Elektro-Tankstellen eingeplant. Zudem soll der Steuerbonus für den Kauf eines Hybrid- oder Elektroautos auf 7500 Dollar steigen. Selbst mit solchen Subventionen wird die Nachfrage nach E-Mobilen zunächst verhalten bleiben – zumindest nach den Prognosen der deutschen Hersteller.“3
Erneuerbare Energien als Grund für Elektroautos. „Eine Schlüsseltechnologie ist das intelligente Stromnetz, das in der Lage ist, Batterieautos als Pufferspeicher für schwankende Energieeinträge aus Windkraftanlagen und Solarkraftwerken zu nutzen: 2006 konnten rund 15 Prozent der Windenergie nicht in die überlasteten Netze eingespeist werden und gingen damit für den Verbrauch verloren.“4
Eine richtige elektrische Milchbubenrechnung: Dass sich – wie bei den Nachtspeicheröfen –, die Lastspitze durch Tausende oder gar Millionen Elektroautos verschieben wird, wird nicht erwähnt.
Umweltverbände für Elektroautos. Das Bundesumweltministerium schätzt, dass bis zum Jahr 2020 zwei Millionen Elektroautos in Deutschland zugelassen sein könnten. Einige Umweltverbände halten die zwei Millionen für zu niedrig für eine Klimaschutzfunktion, da gleichzeitig 50 Millionen fossil betriebene Autos in Deutschland fahren. „Die Umweltschützer fürchten, dass die Bemühungen um Elektroautos zulasten notwendiger Entwicklungen gehen, um den Verbrauch und somit den Schadstoffausstoß herkömmlicher Fahrzeuge weiter zu drosseln.“4
Klimaschutz durch Elektroautos – da muss man schon sehr viele Tatsachen außer Acht lassen…
Daimler kauft sich bei Tesla ein. Daimler beteiligt sich für einen zweistelligen Millionenbetrag mit zehn Prozent an Tesla. „Tesla aus Kalifornien baut bisher einen Roadster mit Elektroantrieb, der knapp 100.000 Dollar kostet und eine Reichweite von gut 300 Kilometern hat. Jährlich werden bei Tesla derzeit rund 1000 Autos gebaut. Das Unternehmen hat 450 Beschäftigte. Tesla-Chef Elon Musk kündigte an, Ende 2011 wolle man mit dem Bau einer Limousine mit Elektro-Antrieb beginnen.“5
Wer bietet mehr? „Bei Siemens ist Gernot Spiegelberg für die Forschung zum Thema Elektromobilität zuständig. ‚Bis 2020 sehe ich allein in Deutschland ein Potenzial von 4,5 Millionen Elektroautos, die ihre Energie über das bestehende Stromnetz beziehen könnten‘, sagt er und bezeichnet seine Schätzung noch als ‚konservativ‘.“6
Standards für Elektroautos. Ende April 2009 einigten sich Europas Autohersteller auf einen einheitlichen Stecker für Elektroautos und die Spannung von 400 Volt Drehstrom als Ladestrom geeinigt. „Mit Steckdosenstrom (230 Volt, 16 Ampere) müsste man zwölf Stunden lang laden. ‚Doch bei 400 Volt und 25 Ampere könnte der Autofahrer bereits nach zwei Stunden wieder eine Langstrecke zurücklegen‘, sagt Siemens-Entwickler Spiegelberg.“7
1) Diese Schnellladung – 2018 ernsthaft in Angriff genommen –, wird die gesamte deutsche Stromversorgung umkrempeln. 2) Die Batterien werden buchstäblich kochen. Und 3) geht die Schnellladung auf Kosten der Lebensdauer der Batterie. Aber 4) kann dann der Porsche Mission E mit über 200 km/h über die Autobahn brettern.
- Adler, Michael, „Atomstrom ist CO2-frei“, in fairkehr 5/2009 [↩]
- Becker, Joachim, China will die Elektro-Mobilität, in SZ 2.5.2009 [↩]
- Becker, Joachim, Schwer unter Strom, in SZ 2.5.2009 [↩] [↩]
- Elektroauto erhält Starthilfe, in SZ 7.5.2009 [↩] [↩]
- Reuters, Daimler steigt bei Tesla ein, in SZ 20.5.2009 [↩]
- Schuh, Hans, Batterie auf Rädern, in Die Zeit 20.5.2009; Hervorhebung WZ [↩]
- Schuh, Hans, Batterie auf Rädern, in Die Zeit 20.5.2009 [↩]