Französische und deutsche Stecker. Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) bestätigte am 5.10.2011 in Paris die Uneinigkeit zwischen der deutschen und der französischen Industrie bezüglich der Ladestecker-Frage. „Zweipolig oder dreipolig? Das ist die Frage. Eigentlich sollte die Industrie bis Ende vergangenen Jahres 300 Ladestationen in der deutsch-französischen Grenzregion zwischen Karlsruhe, Mannheim, Stuttgart und Straßburg errichten. Doch das scheiterte bislang am gemeinsamen Stecker. Jetzt basteln die befreundeten Wettbewerber an einer Kompromiss-Säule mit Platz für beide Stecker-Varianten.“1
Energie-Bilanzen: Details. Eckard Helmers lehrt am Umwelt-Campus Birkenfeld der FH Trier und verfasste den Artikel in der Zeit: „Der Mitsubishi i-MiEV, das weltweit erste Großserien-Elektroauto, setzt laut ADAC-Test vom Februar 2011 etwa 100 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer bei heutigem Netzstrombezug frei. Der ADAC beurteilt diese CO2-Effizienz als ‚durchschnittlich‘. Das ist nicht ganz fair: Durchschnittlich emittieren in Deutschland zugelassene Neuwagen des Jahres 2010 laut EU-Fahrzyklus rund 152 Gramm Kohlendioxid (CO2 pro Kilometer. Jedoch werden für diesen unrealistischen Normzyklus die Fahrzeuge zum Beispiel mit auf dem Markt nicht erhältlichem Prüfdiesel und mit ausgeschalteten elektrischen Verbrauchern wie Licht, Radio oder ohne die besonders energieintensive Klimaanlage betrieben. In der Realität unter Alltagsbedingungen liegt der Verbrauch um die 25 Prozent höher. Gerne vergessen wird sodann die Vorkette der Diesel- und Benzinherstellung. Rohöl wird um die Welt transportiert, in Raffinerien destilliert und weiterverarbeitet; Benzin und Diesel werden wiederum weltweit vertrieben. Insgesamt bedeutet diese Vorkette, dass 37 Gramm CO2 pro Kilometer mehr anfallen. Der durchschnittliche Neuwagen produziert also 227 Gramm CO2 je gefahrenen Kilometer. In der Benzin- und Dieselwelt stellen heute sogenannte 99-Gramm-Autos die Effizienzspitze dar. Doch 99-Gramm-Diesel-Pkw emittieren plus Vorkette real etwa 144 Gramm CO2 pro Kilometer. Die sparsamsten Autos mit Verbrennungsmotor produzieren damit 44 Prozent mehr CO2 als der Mitsubishi i-MiEV mit heutigem Netzstrom.“2
Auch das ist nur die halbe Wahrheit. Ökostrom bekommt man nicht zum Nulltarif. Und bis 2018 geht die für die Elektromobilität nötige, völlig neu zu bauende Strom-Infrastruktur in keine Öko-Bilanz des Elektroautos ein!
Sixt und Eon (1). Eon und der Autovermieter Sixt bieten ein Kombiangebot aus Ladestation für zuhause und einem Leasing-Angebot für ein Elektroauto, um die Elektromobilität zu fördern. „Eon installiert den Kunden zu Hause in der Garage eine Ladestation an der Wand (‚Wall-Box‘ genannt) und liefert den Ökostrom. Dafür berechnet der Konzern einmalig 899 Euro; wer sein Auto nachts mit günstigerem Nachtstrom laden will, zahlt einmalig 999 Euro. Die Stromgebühren kommen noch dazu. Wer sich kein E-Auto kaufen will, kann bei Sixt wahlweise einen Elektro-Peugeot vom Typ iOn leasen.“3 Der iOn kann ab 499 Euro für 36 Monate und 5000 Kilometer pro Jahr geleast werden – plus eine Sonderzahlung von 4499 Euro. „Mit dem Angebot wollen die beiden Firmen vor allem Nutzer von Zweitwagen ansprechen – und Besitzer von Einfamilienhäusern mit Garage. Eon-Vertriebsvorstand Uwe Kolks kündigte an, in den nächsten zwölf Monaten Eigenheimbesitzer anzuschreiben, um sie auf das Angebot aufmerksam zu machen.“3
Sixt und Eon (2). „Insgesamt ist der eMobil-Kunde damit in drei Jahren knapp 24.000 Euro los, die Kosten für den Strom noch nicht eingerechnet. Und wenn er den schmalbrüstigen Viersitzer, der mit einer vollen Ladung bei Idealbedingungen bis zu 150 Kilometer schafft, richtig nutzt und mehr als 5000 Kilometer im Jahr zurücklegt, wird es noch teurer. Immerhin übernehmen die Sixt-Leute die Verwertung des E-Autos nach Ablauf des Leasingvertrags. Für einen vergleichbaren Kleinwagen von Peugeot oder einer anderen Marke mit konventionellem Antrieb lägen die Leasingraten deutlich niedriger, räumen die Sixt-Manager ein, etwa die Hälfte dürfte realistisch sein. Für 24.000 Euro kann man aber auch einen gut ausgestatteten sparsamen Golf-Diesel oder Opel Astra, beide eine Wagenklasse höher, kaufen. Und diese muss man nicht nach drei Jahren wieder hergeben. Ein ‚E.on eMobil‘-Kunde muss also eine Menge Enthusiasmus mitbringen.“4
RWE: „eDrive“. RWE war früher dran als Sixt und Eon. Das RWE-Paket hieß „eDrive“ und bot für etwas mehr als 35.000 Euro einen Mitsubishi-MiEV oder einen Citroën C-Zero) mit Ladestation und Ökostrom. „Zu Beginn der Aktion bekamen ‚Frühbucher‘ sogar noch den Strom für ein Jahr kostenlos hinzu. Zudem bieten die RWE-Leute, anders als E.on, auch noch in fast 200 deutschen Städten ein Netz von gut 1000 eigenen Ladepunkten für diejenigen an, die nicht immer zu Hause Strom tanken wollen. (…) Das Resultat des RWE-Einstiegspakets fiel bislang freilich eher ernüchternd aus: ‚Eine kleine dreistellige Zahl‘ von Geschäfts- und Privatkunden habe man bislang gewonnen, heißt es bei der RWE Effizienz GmbH. Also nur gut 100 eDrive-Kunden in einem ganzen Jahr.“4
Neues von den Lithium-Akkus. Daimler-Chef Dieter Zetsche warnte vor schweren Elektrofahrzeugen: Je höher das Gewicht, umso geringer ist der Radius. Damit macht es wenig Sinn, schwere Limousinen, SUVs oder LKWs elektrisch auszustatten. „Allein die Lithium-Ionen-Batterie eines 40-Tonners würde 50 Tonnen wiegen.“((Hohe Lasten, schwaches Herz, in SZ 17.10.2011))
Verwunderlich, dass genau dies aktuell – im Jahr 2019 – geschieht: Schwere Limousinen, SUV und Lkws werden elektrifiziert.
Die Nationale Plattform Elektromobilität stellte in ihrem Abschlussbericht fest, dass die Kosten für das Gesamtsystem Elektromobilität um zwei Drittel gesenkt werden muss – und die Leistungsdichte (kW/1) und das Leistungsgewicht (kW/kg) verdoppelt werden muss. „Von hiesiger Technologieführerschaft bei Hochvolt-Akkus kann derzeit keine Rede sein – im Gegenteil. Europa drohe zum Importeur von Batterien für Elektroautos zu werden, warnt eine Studie von Bain and Company. (…) Derzeit gebe es in Europa konkrete Investitionspläne für den Aufbau der Batteriefertigung in Höhe von rund einer Milliarde Euro bis 2015. Notwendig seien aber bis zu fünf Milliarden Euro, um im weltweiten Investitionswettbewerb zu bestehen.“5
Bundesverkehrsminister fördert. Peter Ramsauer äußerte auf der IAA 2011: „Mit einer weiteren Milliarde Euro für 2012 und 2013 werden wir gezielt auch die Batterieforschung fördern und die Zahl der Lehrstühle verdoppeln.“5
Elektroauto-„Boom“ in München. In München waren im Oktober 2011 gerade einmal 211 Elektroautos zu verzeichnen, bei insgesamt mehr als 600.000 angemeldeten Fahrzeugen. „Im Landkreis Wolfratshausen waren zur Jahresmitte 13 Elektroautos angemeldet. In den anderen Landkreisen sieht es nicht viel anders aus: Im Landkreis Ebersberg verzeichnet die Zulassungsstelle 14 Elektro-Fahrzeuge, in Fürstenfeldbruck 22 und in Dachau neun. Im Erdinger Landratsamt hat man sich erst gar nicht die Mühe gemacht, eine spezielle Unterkategorie für Autos mit reinem E-Antrieb anzulegen: Dort fassen die Statistiker Strom- oder Hybridantrieb zusammen und kommen auf 83 Fahrzeuge.“6
Elektroauto-„Boom“ in Deutschland. Bundeskanzlerin Angela Merkel möchte bis 2020 die berühmte eine Million Elektrofahrzeuge auf deutschen Straßen sehen. „So soll Deutschland zum ‚Leitmarkt‘ für die viel beschworene Zukunftstechnologie werden und die hiesige Industrie ihre führende Stellung in der Autotechnik behaupten. Dem stehen bislang ganze 1786 E-Autos gegenüber, die zwischen Januar und September dieses Jahres vom Kraftfahrt-Bundesamt registriert wurden. Das sind weniger als 0,1 Prozent aller Neuzulassungen.“7
- Kläsgen, Michael, Mein Stecker, dein Stecker, in SZ 7.10.2011 [↩]
- Helmer, Eckard, E-Auto schlägt Diesel, in Die Zeit 13.10.2011 [↩]
- Völklein, Marco, E-Mobil im Eigenheim, in SZ 15.10.2011 [↩] [↩]
- Lamparter, Dieter H., Teure Pakete, in Die Zeit 27.10.20116 [↩] [↩]
- Hohe Lasten, schwaches Herz, in SZ 17.10.2011 [↩] [↩]
- Völklein, Marco, Die Avantgarde der Straße, in SZ 19.10.2011 [↩]
- Lamparter, Dieter H., Teure Pakete, in Die Zeit 27.10.2011 [↩]