Elektroauto Chronik eines Irrtums

September 2019

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Aktualisiert 21.11.2019

Deutscher Städte- und Gemeindetag für Elektromobilität auf dem Land. Der Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg warnte vor einem einseitigen Ausbau in den Ballungsgebieten. Bei derzeit 83.200 E-Autos in Deutschland sei nur ein Drittel in Großstädten zugelassen. München liegt hier mit 3122 Elektroautos vorn, dann folgen Berlin, Hamburg und Stuttgart.1
In Wirklichkeit sieht es so aus: Ein ganzes Land soll mit einer kompletten Infrastruktur für Elektromobilität ausgestattet werden. Das bedeutet völlig neue Leitungen für Hoch- und Mittelspannung, tausende Umspann- und Trafostationen, hunderttausende Ladepunkte: Damit die deutsche Autoindustrie ihre spritfressenden Boliden gegenrechnen können mit ihren Elektro-Boliden – die mit null Gramm CO2 gewertet werden. Was für ein Irrsin – und offiziell alles für den Klimaschutz.

Stiftung Warentest testet E-Scooter. Getestet wurden E-Scooter von Circ, Lime, Tier und Voi in Berlin. Die Ergebnisse u. a.: Unebenes Gelände beendet den Fahrspaß abrupt; einhändiges Fahren wegen Handzeichen kann verkehrsgefährdend sein; die Kosten liegen oft über den Ausleihkosten von Autos oder E-Motorrollern. Dazu sammeln die Verleiher zu viele Daten wie z. B. den Device Fingerprint von Smartphones. Damit kann man feststellen, von welchem Nutzer, aber auch von welchem Smartphone eine Anfrage kommt, dazu werden die Bewegungsprofile über Tracker überwacht.2

Weltweite Präsentation des Porsche Taycan. Anfang September 2019 stellte Porsche den Taycan zeitgleich vor im Solarpark in Neu Hardenberg, am Wasserkraftwerk der Niagara-Fälle im US-Staat New York und in einem Windpark der chinesischen Insel Pingtan. 30.000 Interessenten leisteten eine Anzahlung des mindestens 152.136 Euro teuren Autos. Der Taycan hat bis zu 761 PS und ein Drehmoment von 1050 Newtonmeter (Nm). Von null auf 100 km/h braucht er 2,8 Sekunden, Vmax liegt bei 260 km/h. Er kann mit 350 kW geladen werden.3

München elektrifiziert. Drive Now von BMW und Car2go von Daimler fusionierten zu Share Now. Dessen Start erfolgte mit 85 Elektroautos von BMW; derzeit sind es 130, und bis Ende 2019 sollen es 200 werden. In München gibt es aktuell 460 Ladesäulen mit 920 Ladepunkten. Bis Ende 2019 werden es 550 Ladesäulen mit 1100 Ladepunkten. Für 2030 werden 5000 Ladesäulen mit 10.000 Ladepunkten eingeplant.4

Paris: Sperrmüll Elektro-Scooter. Die Pariser Verwaltung kann sich nicht mehr anders helfen angesichts 20.000 rücksichtslos geparkter „Trottinettes“: Wenn Elektro-Scooter falsch geparkt sind, werden sie als Sperrmüll entsorgt. Freiwillige holen in Paris die E-Scooter aus der Seine; in Marseille werden die E-Scooter häufig ins Mittelmeer geworfen. Ein neues Mobilitätsgesetz soll im Oktober 2019 beraten werden.5

Die Grenzen der Erneuerbaren Energien. In Foreignpolicy hat Jason Hickel den Aufsatz The Limits of Clean Energy veröffentlicht. Er kritisiert darin die Utopie des „grünen Wachstums“, wobei er die Umstellung auf erneuerbare Energien durchaus für nötig hält. Aber keine Energie sei unschuldig, und die einzig saubere Energie ist weniger Energie. Denn auch die erneuerbaren Energien brauchen Rohstoffe und verursachen ökologische und soziale Kosten. Im Juni 2017 hat die Weltbank einen wenig beachteten Bericht veröffentlich: The Growing Role of Minerals and Metals for a Low Carbon Future. Danach würde der Ausbau der erneuerbaren Energien mit Sonnenenergie und Windkraft auf 7 Terawatt bis 2050 etwa 34 Millionen Tonnen Kupfer, 40 Millionen Tonnen Blei, 50 Millionen Tonnen Zink, 162 Millionen Tonnen Aluminium und nicht weniger als 4,8 Milliarden Tonnen Eisen benötigen. Das für Windräder benötigte Neodym müsste auf 35 Prozent über den heutigen Level gesteigert werden, die Silberproduktion müsste um 38 bis vielleicht 105 Prozent erhöht werden. Die Produktion des für Solarenergie nötigen Indiums müsste um 920 Prozent erhöht werden. Dazu kommt die Batterieproduktion für die Elektroautos: Bei zwei Milliarden E-Autos in 2050 müsste die Förderung von Neodym und Disprosium (zählt zu den Seltenen Erden) um weitere 70 Prozent erhöht werden, Kupfer würde sich verdoppeln und Kobalt vervierfachen. Dabei ist der Bergbau Hauptverursacher für Entwaldung, dem Kollaps von Ökosystemen und globalen Artenverlusten. Hinkel hält es für möglich, dass die Produzenten von „Clean Energy“ so zerstörerisch wie Erdölfirmen werden und kritisiert den wahnwitzigen Materialverbrauch der reichen Länder mit unnötigen Industrien und verschwenderischen Luxuskonsum wie Waffenhandel, SUVs und minderwertiger Massenproduktion.6

Amsterdam elektrisch. Amsterdam hat etwa 760.000 Einwohner und derzeit 17.000 Elektroautos.  Bis 2022 sollen es 70.000 werden: Dann gibt es auch keine Dieselbusse, und bis 2025 sollen auch fossil betriebene Mofas und Motorräder verschwunden und 23.000 Ladestationen für E-Autos installiert sein.7

Hilmar Klute in der SZ zur Rolle des Fußgängers angesichts von Elektro-Scooter und ähnlichem: „Überall gebiert die Mobilitätszurüstung neue Aggressionstypen des öffentlichen Lebens. (…) Keine Ahnung, wer sich den Befehl ausgedacht hat, dass der öffentliche Raum unbedingt durchrast werden muss.“8

E-Camper mit 4,25 Tonnen. Auf dem Düsseldorfer „Caravan Salon“ wurde das elektrische Wohnmobil Iridium präsentiert. Es wiegt 4,25 Tonnen, hat einen 86-kWh-Akku und soll 320 Kilometer Reichweite haben. Es wird ab dem 2. Quartal 2020 ausgeliefert und kostet 159.900 Euro.9

BMW: SUVs gut, E-Autos schlecht. Bei BMW liegt der Anteil der SUVs am Gesamt-Neuwagenverkauf bei fast 50 Prozent. „Die Wagen sind sehr klimaschädlich, das BMW-Spitzenmodell X7 stößt etwa rund 200 Gramm CO2 pro Kilometer in die Luft. (…) Der Verkauf elektrifizierter Fahrzeuge stockt hingegen bei BMW. Im August waren es sieben Prozent weniger als vor einem Jahr, im bisherigen Jahresverlauf steht ein Rückgang von drei Prozent zu Buche.“10
Deshalb elektrifizieren Mercedes, VW und Audi derzeit ihre SUVs : Das ist natürlich energetisch, verkehrspolitisch und sozial genauso wahnwitzig wie fossile SUVs. (Vgl: SUVs, elektrisch)

StreetScooter-Gründer Achim Kampker kritisiert die Elektro-SUVs. Kampker kritisierte im spiegel.de-Interview, dass in Deutschland seit Jahren über eine Mobilitätswende diskutiert wird, sich aber nur wenig ändert. Zu  Porsches Elektroauto Taycan mit 600 PS äußerte Kampker: „… es bleibt beim ‚höher, schneller, weiter‘. Wer die dickste Batterie hat, ist der Coolste. Mit neuem Denken hat das nichts zu tun. (…) Es reicht nicht, einfach nur den Verbrenner-SUV durch den Elektro-SUV zu ersetzen.“11

Strom-Verluste. Die Stadtwerke München planen das längste Supraleiterkabel der Welt mit zwölf Kilometer Länge, da die Stromverluste beim Stromtransport enorm hoch sind. Durch den Widerstand in Kupferkabeln erhitzen sich diese bis auf 80 Grad Celsius: Die SWM rechnen mit jährlichen Verlusten von bis zu 228 Millionen kWh beim Hochspannungsnetz mit 110.000 Volt. Deshalb soll ein Hochtemperatur-Supraleiter (HTS) verlegt werden, wobei diese keramische Leitung mit Stickstoff unter minus 200 Grad Celsius umspült wird, um den Widerstand zu reduzieren. Beteiligt sind u. a. der Linde-Konzern, der Kabelhersteller NKT und das Karlsruher Institut für Technologie.12
Und nun nehmen wir einmal eine Ionity-Schnellladestation mit acht Ladeplätzen und jeweils 350 kW Ladeleistung an einer Autobahn: Was da wohl für Verluste bei deren Versorgung entstehen?!

München integriert E-Mobilität. Das Münchner „Integrierte Handlungsprogramm zur Förderung der Elektromobilität“ soll seit 2016 mit 60 Millionen Euro die Luft verbessern und das Klima schonen. Zehn Millionen Euro sind für „München e-mobil“ eingeplant, um kleinere E-Fahrzeuge zu subventionieren. Seit dem Start wurden über 7000 Anträge gestellt. Eine Untersuchung aus dem Jahr 2014 ergab,, dass in München 1,832 Millionen Tonnen CO2 emittiert werden. Über 740.000 Autos gibt es aktuell in München, davon haben 4793 (0,65 Prozent) einen Elektroantrieb.13

Deloitte-Studie: Urbane Mobilität und autonomes Fahren im Jahr 2035. Kurzbesprechung unter Fachliteratur.

IAA 2019 (1): VW auf der IAA elektrisch. Auf der IAA 2013 präsentierte VW den E-Golf, den e-up und den E-Load, ebenso wie auf der IAA 2015; der damalige VW-Chef Martin Winterkorn kündigte 20 E- und Plug-in-Modelle an. Der VW-Dieselskandal wurde Mitte September 2015 bekannt. Bei der IAA 2017 präsentierte VW die E-Studien ID Crozz und ID Buzz; Winterkorns Nachfolger Matthias Müller kündigte bis 2025 50 rein elektrische Fahrzeuge an. 2019 kündigt der heutige VW-Chef Herbert Diess bis 2028 fast 70 neue Elektroautos an und stellte den ID3 vor.14
Man könnte den Eindruck gewinnen, die Elektroautos seien jetzt nach dem von VW hauptsächlich verursachten Dieselskandal so etwas wie der Ablasshandel.

IAA 2019 (2): Jede Menge PS und kW. BMW will bis Ende 2021 eine Million E-Autos verkauft haben und zeigt gleichzeitig das BMW 8er Gran Coupé und das BMW M8 Coupé mit V8-Motor und 625 PS, Vmax = 305 km/h. VW kündigt bis 2028 fast 70 neue E-Autos an. Audi will bis 2025 30 elektrifizierte Modelle bringen, davon 20 reine Elektroautos. Audi zeigte den Ai:Trail, ein so hässliches wie überflüssiges Gefährt. Dazu zeigte Audi den neuen RS7 Sportback mit 600 PS und 305 km/h.15
Hallo: Die alte freiwillige Abregelung auf 250 km/h wurde anscheinend  in Zeiten der Klimakatastrophe von der deutschen Autoindustrie neuerdings für einige „Sport“wagen auf 305 km/h erhöht. Überhaupt ist es erstaunlich, welche PS-Boliden und unsinnige Modelle die deutsche Autoindustrie im Zeitalter der Klimakatastrophe auf den Markt bringt: nichts gelernt.

IAA 2019 (3): Elektrische Messesplitter. Honda präsentiert den vergleichsweise vernünftigen Kleinwagen Honda e mit 136 PS und beachtlichen 1500 Kilogramm bei 3,90 Meter Länge; er kostet ab 33.850 Euro. Mercedes zeigt die Elektro-Studie EQ S mit 450-PS-Motor und Vmax über 200 km/h sowie einige Plug-in-Hybride.15 Der E-Smart Forfour hat einen 41-kW-Motor und 160 Kilometer Reichweite. BMW zeigt die Studie des Plug-in-Hybrid Vision M Next mit 600 PS und 0 auf 100 km/h in 3 Sekunden. Der Mini Cooper SE hat jetzt einen 184-PS-Motor. Die Seat-Tochter Cupra bringt einen E-SUV mit 306 PS. Byton zeigt den M-Byte, einen SUV mit fast fünf Meter Länge. Die VW-Tochter Lamborghini zeigt den Hybrid Sian mit 6,5-Liter-V12-Motor und elektrischen Motorzubehör von zusammen 800 PS und Vmax über 350 km/h, er kostet mindestens 2,6 Millionen Euro.16 Der chinesische SUV-Produzent Wey stellt jährlich 300.000 Geländewagen her und verlautbart: „Wir wollen die größte Luxus-SUV-Marke der Welt werden.“ HongQi präsentiert die Studie des Luxus-SUV E115, der von 0 auf 100 km/h unter vier Sekunden brauchen wird, dazu das Rennauto S9 mit 1400 PS und Vmax = 400 km/h.17
Vergleiche auch: SUV, elektrisch

Elektroauto-Klang. Das Europäische Parlament hat angeordnet, dass ab 1.7.2019 die Produzenten von Elektro- und Hybridfahrzeugen bis zu einer Geschwindigkeit von 20 km/h „mittels Schallzeichen Fußgänger und andere Verkehrsteilnehmer auf die Anwesenheit des Fahrzeugs aufmerksam machen“.18

IAA 2019 (4): Proteste. Die deutschen Autohersteller stecken im Umsatzrückgang. Die IAA 2019 verzeichnet nicht nur einen Ausstellerrückgang. Umweltverbände und „Fridays for future“-Aktivisten kündigten Proteste für das Publikumswochenende der IAA an.19 Am 14.10.2019 versammelten sich 25.000 Demonstranten (Polizei: 15.000) vor dem IAA-Gelände und stellten Forderungen auf: sofortiges Ende der Verbrennungsmotoren, Abkehr von spritschluckenden SUVs, Umstieg auf kleine, sparsame Elektroautos, eine fahrrad- und fußgängerfreundliche Stadt und einen klimaneutralen Verkehr.20 Am 15.9.2019 waren Aktionen der Organisation „Sand im Getriebe geplant. Es wurden zwei Besucher-Eingänge der Messe Frankfurt blockiert. „Wir setzen damit ein deutliches Zeichen gegen das zerstörerische Verkehrssystem, für das die weltgrößte Automesse nach wie vor steht.“21
In spiegel.de wurden einige Forderungen der Demonstranten genauer betrachtet: 1) Sofortiger Ausstieg aus Verbrennungsmotoren: Die Folgen wären Stilllegung von Fabriken, Milliardenforderungen an den Staat, Proteste auch von Gewerkschaften. 2) Klimaneutraler Verkehr bis 2025: Unrealistisch, da die Nutzungsdauer von Pkw hoch ist, dazu müsste der Strom auf 100 Prozent erneuerbare Energien umgestellt sein: Erwartet werden 65 Prozent bis 2030. Eine Ersetzung aller fossil betriebenen Autos auf Elektroantrieb würde nach PwC den Stromverbrauch um ein Drittel erhöhen. (Wobei es eine unrealistische Fiktion ist, dass Ökostrom CO2-frei ist; WZ)  Ebenfalls hinzu kämen auch die Emissionen des Flugverkehrs. 3) Vorrang für Fuß- und Radverkehr: scheint vergleichsweise einfach umzusetzen, da selbst der ADAC weniger Autoverkehr in den Städten für sinnvoll erachtet. 4) Massiver Ausbau von Bus und Bahn sowie kostenlose Tickets: Das dürfte Jahrzehnte dauern, viele Milliarden kosten und bringt vor allem Probleme auf dem Land. 5) Tempolimit von 120 km/h auf Autobahnen, 80 km/h auf Landstraßen und 30 km/h innerorts: Sofort umsetzbar, kostet fast nichts, erhöht die Sicherheit. Die kritische Masse von Tempolimit-Gegnern macht eine politische Durchsetzung schwierig. 6) Effiziente Elektromobilität statt dicker (E-)SUV: Eine Strafabgabe auf SUVs und mehr Förderungen für kleinere E-Autos generell wären denkbar. E-SUVs seien immerhin klimafreundlicher als fossil betriebene SUVs. (Wobei elektrische SUVs genauso oder noch schwachsinniger sind als fossile; WZ)22

IAA 2019 (5): Warum riesige Elektroautos? Mercedes zeigte auf der IAA die Studie EQS mit fünf Meter Länge, 350 kW Ladeleistung und vermutlich einem 800-Volt-Bordsystem – aber keine elektrische A- oder B-Klasse. Das hat finanzielle Gründe. „Der Hauptgrund, warum ein Luxusstromer in der Festhalle steht: In diesem Segment lässt sich mit Elektro am ehesten Geld verdienen. Kunden, die bereit sind, einen sechsstelligen Betrag für ein Auto auszugeben, stören auch Batteriekosten von 10.000 bis 15.000 Euro wenig.“23
Der EQS wird sowieso ein Zweit- oder Drittfahrzeug sein – auch nicht ökologisch sinnvoll.
Dazu eine Ergänzung: Von der A-Klasse und von der B-Klasse gibt es eine Plug-in-Variante. Der A 250e hat einen 1,3-Liter-Vierzylinder, bis 75 kW Leistung, 15,6 kWh-Akku, Reichweite rein elektrisch 68 Kilometer.24

Wie geht es weiter? VW will bis 2025 ein Viertel seiner Flotte als Elektroautos oder Hybride ausliefern. Mercedes hat abgekündigt, bis 2022 die gesamte Modellpalette zu elektrifizieren. Bei BMW kündigte eine Palette von Elektroautos für 2025 an, angesichts der mäßigen Verkäufe der Verlustbringer i3 und i8 gibt es im BMW-Konzern Widerstände gegen E-Autos.19

Das „Klimakabinett“ gebiert eine CO2-Maus (1). Am 20.9.2019 sollen vom „Klimakabinett“ Maßnahmen verabschiedet werden: Ihm gehören an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD), Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), Innen- und Bauminister Horst Seehofer (CSU), Verkehrsminister Andreas Scheuer und Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU), dazu Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) und Regierungssprecher Steffen Seibert.
Das Bundesverkehrsministerium unter Andreas Scheuer (CSU) soll die CO2-Emissionen im Verkehrssektor von derzeit 160 Millionen Tonnen auf 95 Millionen Tonnen im Jahr 2030 absenken. Hierfür sollen laut einem Ministeriumspapier bis zu 75 Milliarden Euro an Prämien und Subventionen verwendet werden. So sollen Milliarden Euro zur Erforschung alternativer Kraftstoffe investiert werden, die auch im Güterverkehr eingesetzt werden  sollen. Die Kfz-Besteuerung soll sich stärker an den CO2-Emissionen orientieren, gleichzeitig soll die  Pendlerpauschale ab dem 21. Kilometer von 30 auf 35 Cent erhöht werden. Und es sollen z. B. kleine Elektroautos unter 30.000 Euro für die Jahre 2021 und 2022 mit 4000 Euro, von 2023 bis 2024 mit 3000 Euro vom Staat gefördert werden (plus 2000 Euro von der Autoindustrie, sofern dies auch weiterhin gilt), und sogar der Kauf von gebrauchten Elektroautos wird mit 500 Euro Zuschuss geplant, E-Taxis mit 8000 Euro Zuschuss. Für als Dienstwagen genutzte reine E-Autos wird die Dienstwagensteuer von 0,5 auf 0,25 Prozent bis 2030 halbiert. Und bis 2030 soll eine Ladeinfrastruktur für bis zu zehn Millionen Elektroautos aufgebaut werden. Für den Greenpeace-Verkehrsexperten Tobias Austrup kann mit dieser „Prämien-Orgie“ nicht einmal die Hälfte der notwendigen CO2-Reduktion erreicht werden.25

BN fordert vom Klimakabinett Sofortmaßnahmen. Für den BN sind die Klimabeschlüsse  des CSU-Parteivorstandes, der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und Äußerungen der Freien Wähler „völlig enttäuschend“. Der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger forderte ein Tempolimit von 120 km/h auf Autobahnen und von 80 km/h auf Ladstraßen als billige Maßnahme, die sofort wirksam wird.26

Merkel hat die „Herkulesarbeit“ selbst geschaffen. Auf der IAA 2019 betonte Angela Merkel bei ihrem Rundgang, dass die Autoindustrie eine „Herkulesarbeit“ zu bewältigen habe.27
Seit 2005 ist Merkel Bundeskanzlerin und hat weitgehend tatenlos zugesehen, wie die Bundesverkehrsminister von der CSU, Alexander Dobrindt und Andreas Scheuer, in den Jahren 2013 bis 2019 im Dieselskandal und bei der Pkw-Maut versagt haben; die DUH musste gerichtlich das Recht auf eine saubere Luft in den Städten durchsetzen; ein Tempolimit wurde lächerlich gemacht („wider jeden Menschenverstand, so Scheuer, ähnlich Markus Söder); das Dienstwagenprivileg wurde nicht angetastet. Und Merkel selbst hat über viele Jahre zigmal in Brüssel für die Aufweichung der CO2-Grenzwerte interveniert und EU-Regierungschefs am Telefon bearbeitet. So wurde aus technisch lösbaren Problemen eine „Herkulesaufgabe“. Aber was hätte man auch dank der Spenden aus der Autoindustrie auch tun sollen?

Der „grüne“ Söder und das Tempolimit. Im Verkehrssektor ist ein Ansteigen der CO2-Emissionen seit 1990 bis heute festzustellen. Am 14.9.2019 ist eine Großdemonstration für eine Verkehrswende von Umweltorganisationen geplant. Die Delegiertenversammlung des Bund Naturschutz in Bayern hatte im Mai ein Tempolimit von 80 km/h auf Landstraßen und 120 km/h auf Autobahnen beschlossen.28 Der vorgeblich ergrünte bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte dazu im Januar 2019 geäußert:  „Das Tempolimit ist eine typisch ideologische Verbotsdiskussion aus der grünen Mottenkiste.“29 und Mitte September 2019 erklärte Söder, die CSU wolle (im Gegensatz zu den Grünen) die Bürger nicht umerziehen: „Das bedeutet: Maßnahmen wie Tempolimit, Fleischverzicht oder Flugverbot müssen in der Mottenkiste bleiben.“30

Das „Klimakabinett“ gebiert eine CO2-Maus (2). Derzeit betragen die CO2-Emissionen im Verkehr 160 Millionen Tonnen und müssen bis 2030 auf unter 95 Millionen sinken. Das sind die Maßnahmen im Bereich Verkehr: Die Nachfrage nach Elektroautos unter 40.000 Euro soll angekurbelt werden. Ziel ist die Zulassung von sieben bis zehn Millionen Elektroautos im Jahr 2030. Einer Million zusätzliche öffentliche Ladepunkte sollen installiert werden. Die KFZ-Steuer soll sich stärker an den CO2-Emissionen orientieren. Die steuerabzugsfähige Pendlerpauschale wird (ab dem 21. Kilometer) von 30 auf 35 Cent pro Kilometer befristet bis 2026 erhöht. Die Luftverkehrsabgabe an deutschen Flughäfen wird erhöht. Die Bundesmittel für den ÖPNV sollen ab 2025 auf zwei Milliarden Euro verdoppelt werden. Die Mehrwertsteuer auf Bahntickets soll von 19 auf 7 Prozent sinken; bis 2030 soll die Bahn jährlich eine Milliarde Euro zusätzlich erhalten.31 – Ergänzung: Die „Leistungsund  Finanzierungsvereinbarung“ (LuFV III) wurde bereits früher unterzeichnet. Insgesamt hat die Bahn damit an Staatsmitteln und eigenen Mitteln bis 2030 156 Milliarden Euro zur Verfügung.32
Als Bahnkenner darf man skeptisch sein, ob die Deutsche Bahn mit den vielen Milliarden das Optimale erzielen wird.

Elektro-Van von Canoo. Das kalifornische Elektroauto-Start-up Canoo wird von ehemaligen BMW-Mitarbeitern geführt: Stefan Krause (war BMW-Finanzchef), Ulrich Kranz (leitete die Entwicklung des i3) und Richard Kim (Designer des i3). Sie stellten nun den elektrischen Kleinbus Canoo vor: 4,42 Meter lang, 1,89 Meter breit, 1,84 Meter hoch, Platz für sieben Passagiere, 80 kWh Kapazität, 300 PS, 200 km/h, Reichweite etwa 400 Kilometer. Ausgeliefert werden soll 2021 – zuerst in den USA, dann in China. Der Canoo wird nicht verkauft, sondern über ein Abo-Modell vertrieben.33

„Fridays for Hubraum“. Als Gegenbewegung zu „Fridays for Future“ wurde am 22.9.2019 vom Autotuner Chris Grau aus Münster die  Facebook-Gruppe „Fridays for Hubraum“ gegründet, die bis 4.10.2019 über 540.000 Mitglieder hatte. (Zum Vergleich: Fridays for Future hat 78.000 Mitgluieder.) AfD-Mitglieder warben für „Fridays for Hubraum“. Rechtes Gedankengut und Hasskommentare führten dazu, dass vom 25.9. bis 27.9.2019 die Facebook-Gruppe offline genommen werden musste, um sie zu bereinigen.34

Großartig: Bosch elektrifiziert Kinderwagen. „Die Komponenten des Bosch eStroller Systems sind perfekt aufeinander abgestimmt. Es besteht aus zwei Elektromotoren, die  an der Hinterachse des Kinderwagens angebracht sind, einer elektromechanischen Bremse sowie  einer Batterieeinheit mit herausnehmbarer Lithium-Ionen-Batterie und einer App.“ (Zur Webseite Bosch Solutions eStroller: hier) Der erste E-Kinderwagen soll im Jahr 2020 auf den Markt kommen. Das Modell eStroller des schwedischen Kinderwagenherstellers Emmaljunga soll das Bergaufschieben erleichtern und beim Bergabfahren bremsen. Mit einer PIN-geschützten App des Smartphones kann man die automatische Feststellbremse lösen. (Sofern der Akku des Smartphones noch mitmacht.) Der 18-Volt-Akku soll eine Reichweite bis 15 Kilometer ermöglichen.35 Kommentar  von Lea Hampel in der SZ: „Es schütze das Kind sogar bei einer Windstärke von bis zu 60 km/h. Solche Wetterlagen werden tatsächlich auch in unseren Gefilden häufiger, wenn wir mit dem Konsum überflüssiger Produkte den Klimawandel weiter vorantreiben.“36
Wenn Bosch den Kinderwagen noch mit Autonomen Fahren beglückt, kann die Mutter und der Vater in aller Ruhe auf dem Smartphone daddeln. Weitere Elektrifizierungs-Vorschläge für Bosch: Schubkarren, Sackkarren, Sneakers, Rollschuhe  …
Gerade macht mich ein Freund aufmerksam, dass die Elektrifizierung von Schubkarren und Sackkarren schon existiert…

Stiftung Warentest testet E-Scooter. Die vier großen Verleiher der Elektro-Scooter, Circ, Lime, Tier und Voi wurden untersucht. Bei einem Euro „Entsperrgebühr“ kommen Minutenpreise zwischen 15 und 25 Cent hinzu: Da war der ÖPNV in Berlin günstiger, ebenso einige Carsharing-Angebote. Problematisch: Doch alle Anbieter sammeln mehr Daten als für den Betrieb nötig: So übermittelten sie unter anderem einen Satz von Gerätedaten, mit dem das Handy des Nutzers identifiziert werden kann.“37

Neue BMW-Strategie. Am gleichen Fließband sollen die verschiedenen Antriebssysteme montiert werden können. Eine explizite Elektro-Offensive wird es vom ehemaligen E-Pionier BMW nicht mehr geben. Das hat einen Grund: „Es ist zu teuer. Trotz aller Bekanntheit macht Elon Musk mit Tesla bisher nur rote Zahlen. Auch bei BMW haben sie über viele Jahre Geld versenkt mit dem i3…“38

  1. DPA, Elektroautos fürs Land, in SZ 2.9.2019 []
  2. Stiftung Warentest hält E-Scooter von Leihanbietern für gefährlich, in spiegel.de 3.9.2019 []
  3. Geiger, Thomas, Feigenblatt mit 761 PS, in spiegel.de 4.9.2019 []
  4. Ratzesberger, Pia, Elektro-Vision 2030, in SZ 4.9.2019 []
  5. Paris entsorgt falsch abgestellte E-Scooter als Sperrmüll, in spiegel.de 5.9.2019 []
  6. Hickel, Jason, The Limits of Clean Energy, in foreignpolicy.com 6.9.2019 []
  7. Fußnote: 17.000, in Der Spiegel 37/7.9.2019 []
  8. Klute, Hilmar, Geht’s noch? in SZ 7.9.2019 []
  9. Kriegel, Matthias, Watt geht? in spiegel.de 8.9.2019 []
  10. BMW profitiert vom SUV-Boom, in spiegel.de 9.9.2019 []
  11. Pander, Jürgen, „Es reicht nicht, einfach Verbrenner-SUV durch Elektro-SUV zu ersetzen“, in spiegel.de 9.9.2019 []
  12. Simon, Stefan, Eiskalt Energie sparen, in SZ 9.9.2019 []
  13. Ferstl, Max, Weg vom klassischen Verbrenner, in SZ 10.9.2019 []
  14. Pander, Jürgen, Strom ist die Hoffnung, in spiegel.de 9.9.2019 []
  15. Frahm, Christian, Zu grün, um wahr zu sein, in spiegel.de 11.9.2019 [] []
  16. Die Neuheiten der IAA 2019: Fette SUV und süße Kleine, in spiegel.de 6.9.2019 []
  17. Mayr, Stefan, Viel Display, wenig Knöpfe, in SZ 12.9.2019 []
  18. Reek, Felix, Ein Mann für alle Klänge, in SZ 14.9.2019 []
  19. Kröger, Abstiegskampf, in spiegel.de 9.9.2019 [] []
  20. „Die Party ist vorbei“, in spiegel.de 14.9.2019 []
  21. Demonstranten blockieren Eingänge zur IAA, in spiegel.de 15.9.2019 []
  22. Sorge, Nils-Viktor, So realistisch sind die Forderungen der Autokritiker, in spiegel.de 19.9.2019 []
  23. Becker, Joachim, Kunkel, Christina, Mayr, Stefan, Strom abwärts, in SZ 14.9.2019 []
  24. Geiger, Thomas, Reichtweite, in spiegel.de 20.9.2019 []
  25. Balser, Markus, Bauchmüller, Michael, Milliarden für die Verkehrswende, in SZ 13.9.2019; Balser, Markus, Bauchmiller, Michael, Milliarden für die Straße, in SZ 13.9.2019 []
  26. PM BN: Klimashow beenden! Sofortmaßnahmen starten! München, 16.9.2019 []
  27. Hägler, Max, Nicken und protestieren, in SZ 13.9.2019 []
  28. BN fordert Tempolimit  für den Klimaschutz und mehr Sicherheit im Straßenverkehr, PM München 9.9.2019 []
  29. Söder zum Tempolimit: „Verbotsdiskussion aus grüner Mottenkiste“, in br.de 297.1.2019 []
  30. Söder-Breitseite gegen die Grünen: „Wir haben den Umweltschutz erfunden“, focus.de 15.9.2019 []
  31. Balser, Markus, Bauchmüller, Michael, Gammelin, Cerstin, Der Reiz der Milliarden, in SZ 21.9.2019; Schwenn, Kerstin, Bahn will 156 Milliarden Euro ausgeben, in faz.net 27.9.2019 []
  32. Schwenn, Kerstin, Bahn will 156 Milliarden Euro ausgeben, in faz.net 27.9.2019 []
  33. Entwickler des BMW i3 stellen Elektro-Bulli vor, in spiegel.de 27.9.2019 []
  34. Wikipedia; Australischer Comedian startet Greta-Thunberg-Helpline, in sueddeutsche.de 27.9.2019 []
  35. Kurz gesichtet, in SZ 28.9.2019 []
  36. Hampel, Lea, Alles fürs Baby, in SZ 7.9.2019 []
  37. DPA, Spaßig, aber nicht billig, in SZ 28.9.2019 []
  38. Hägler, Max, Langweilig, aber klug, in SZ 30-9.2019 []
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